" … Die Klage ist aber unbegründet, weil der geltend gemachte Deckungsanspruch nicht besteht. …"

I. Die Kl. wird nicht i.S.d. Nr. 1.1. AHB wegen eines Schadensereignisses, welches einen Sachschaden zur Folge hatte, auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Dabei kommt es im vorweggenommenen Deckungsprozess – wie hier – nicht darauf an, ob der von dem Dritten gegen den VN geltend gemachte Anspruch tatsächlich besteht. Versicherungsschutz besteht gem. Nr. 4.1 AHB auch wegen unbegründeter Haftpflichtansprüche. Der VR schuldet deren Abwehr. Dementsprechend ist für die hier vorzunehmende Prüfung des Versicherungsschutzes – vor bindender Feststellung des Haftpflichtanspruchs – darauf abzustellen, ob nach den (so wird allgemein formuliert) “Behauptungen' des Anspruchstellers ein Deckungsanspruch besteht (Trennungsprinzip, vgl. BGH, VersR 2001, 90). Unberechtigte Inanspruchnahmen sind vom Versicherungsschutz umfasst, wenn auch nur die entfernteste Möglichkeit besteht, dass der VN aus dem unter das versicherte Risiko fallenden Tatbestand verurteilt wird. …

Aber auch unter Berücksichtigung dieses Trennungsprinzips gilt, dass hier nicht Schadensersatz wegen eines Sachschadens i.S.d. Nr. 1.1 AHB begehrt wird.

1. Dass diese Voraussetzung für einen Anspruch des VN auf Deckungsschutz erfüllt wäre, lässt sich hier nicht etwa schon mit dem Argument begründen, es könne – unabhängig von der “wahren' Rechtslage … – jedenfalls die Auffassung vertreten werden, das geschädigte Rohrstück stehe im Eigentum der Anlieger; schon deshalb sei Deckungsschutz geboten.

Dabei bedarf dieser Aspekt vorliegend keiner abschließenden Erörterung. Es kann offenbleiben, ob der Haftpflichtversicherer die von ihm versprochene Abwehr unbegründeter Ansprüche grds. – vielleicht auch beschränkt auf rechtliche Zweifelsfälle – schon dann zu leisten hat, wenn zwar nach den von dem Dritten behaupteten Tatsachen richtigerweise … keiner der Fälle der Nr. 1.1 AHB vorliegt, dies aber bei einer bestimmten anderen Rechtsauffassung sehr wohl der Fall ist; ob also, mit anderen Worten, bei der Prüfung des Deckungsanspruchs zugunsten des VN nicht nur die tatsächlichen Behauptungen des Dritten als richtig zu unterstellen sind, sondern – jedenfalls in rechtlichen Zweifelsfällen – auch eine bestimmte Rechtsauffassung als richtig zu unterstellen ist.

Ein solcher (auf Abwehr gerichteter) Deckungsanspruch des VN gegen den VR kommt nämlich … jedenfalls nur dann in Betracht, wenn der VN – zumindest hilfsweise – die Abwehr eines unbegründeten Anspruchs begehrt. Die Kl. indes hat sich, wie ihre Vertreter im Termin bekräftigt haben, auf den Standpunkt gestellt, dass die Anlieger zu Recht Zahlung von 5.524,62 EUR verlangen. Dann kann die Kl. nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Bekl. jedenfalls – nämlich dann, wenn bei Unterstellung der von den Anliegern behaupteten Tatsachen richtigerweise ein Sachschaden i.S.d. Nr. 1.1 AHB nicht vorliegt – Abwehr des Anspruchs schulde.

2. Es kommt daher vorliegend darauf an, ob die Anlieger nach ihren tatsächlichen Behauptungen Schadensersatz wegen Sachschadens i.S.d. Nr. 1.1 AHB geltend machen. Das ist nicht der Fall.

Nach dem Vortrag der Anlieger hat der Wurzeleinwuchs eines auf städtischem Grund stehenden Baumes zur Verstopfung der (Grundstücks-)Anschlussleitung geführt, die im Grundstück der Kl. verlegt war und die Abwässer vom Grundstück der Anlieger zur öffentlichen Kanalisation führen sollte. Ein solcher Wurzeleinwuchs und die damit (angeblich) bewirkte Rohrverstopfung stellt keinen Sachschaden i.S.d. Nr. 1.1 AHB dar – weder an dem betroffenen Rohrstück selbst … noch am Haus(-grundstück) der Anlieger. … Etwas anderes ergibt sich auch nicht bei dem von der Rspr. entwickelten weiten Verständnis des in den Versicherungsbedingungen verwandten Begriffs “Schadensersatz'.

a) Die Beeinträchtigung des betroffenen Rohrstücks selbst, also der Grundstücksanschlussleitung auf städtischem Grund, ist kein Sachschaden i.S.d. Nr. 1.1 AHB; denn dazu gehören nur Schäden eines Dritten, nicht des VN selbst. Freilich ist an dem durch den Wurzeleinwuchs betroffenen Leitungsstück ein Sachschaden eingetreten.

Sachschaden i.S.d. Nr. 1 AHB ist die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen. Dabei liegt eine Beschädigung vor, wenn auf die Substanz einer Sache so eingewirkt wird, dass deren zunächst vorhandener Zustand beeinträchtigt und dadurch ihre Gebrauchsfähigkeit aufgehoben oder gemindert wird (BGH, zfs 1984, 24). Ein Wurzeleinwuchs ist eine solche Einwirkung auf die Sachsubstanz. Mit der Verringerung des Durchflussvolumens im Rohr ist auch die Gebrauchstauglichkeit (jedenfalls an dieser Stelle) beeinträchtigt.

Bedingungsgemäßer Schaden ist indes nur ein Drittschaden, wie sich aus Wortlaut und Systematik der Klausel ohne Weiteres ergibt (“von einem Dritten auf Schadenersatz in Anspruch genommen', siehe auch Prölss/Martin/Lücke, VVG, 29. Aufl. 2015, § 100 Rn 36). Ein solcher Drittschaden an dem Rohrstück liegt nicht vor. Denn dieses steht gem. §§ 946, 93, 94 Abs. 1 BGB im...

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