Rechtsanwalt Paul Kuhns Buch, soeben in 9. Auflage erschienen, enthält auf fast 700 Seiten mehr als 2.400 Gerichtsentscheidungen – eine umfangreiche "Rechtsprechungssammlung mit Skizzen und Haftungsgrundlagen". Darunter finden sich 400 neue Urteile aus den letzten drei Jahren.

Der Autor hat nicht nur diese aktuellen Entscheidungen verschiedener Zivilgerichtsinstanzen seiner bereits bisher reichhaltigen Sammlung von Mithaftungsfällen hinzugefügt. Er hat auch die neuesten, recht nützlichen Zahlen zum Verkehrswesen und Unfallgeschehen in Deutschland recherchiert.

Danach wurden im vorletzten Jahr rund 2,4 Mio. Straßenverkehrsunfälle polizeilich erfasst, bei denen es zu fast 390.000 Personenschäden gekommen ist. Hinzu kam eine riesige Zahl nicht amtlich registrierter Sachschadensfälle – angesichts rund 60 Mio. in Deutschland zugelassener und zahlreicher ausländischer Kraftfahrzeuge nicht überraschend. Immerhin aber werden nur etwa 2 % der Unfallschadenssachen gerichtshängig. Aus diesen hat Kuhn dankenswerterweise eine repräsentative Zahl herausgesucht, in denen es durch Urteil zu Haftungsquotelungen gekommen ist. Dabei handelt es sich selbstverständlich ganz überwiegend um Kfz-Haftpflichtversicherungsschäden.

Geordnet sind die Schadensverteilungsentscheidungen in § 2 (Darstellung ausgesuchter Fälle) in 31 Abschnitte – nach StVO-Begriffen von "Abbiegen" bis "Wenden". Allen Abschnitten und den meisten der rund 150 Unterabschnitte sind Skizzen typischer Unfallabläufe vorangestellt. Diese hilfreiche Darstellungsweise unterscheidet sein Buch markant von anderen mit Schadensverteilung befassten Abhandlungen.

In § 3 des Kuhn’schen Werks folgen einschlägige Kaskoversicherungsurteile. Der Autor stellt zunächst allgemein die Quotenbildung nach dem relativ neuen Versicherungsvertragsgesetz von 2009 und die Quotierung auf der Grundlage verschiedener Modelle dar. Die Gerichtsentscheidungen hierzu reichen von 2010 bis 2015 – vom Amtsgericht bis zum Bundesgerichtshof (der BGH hat bisher allerdings erst viermal nach neuem Recht entschieden) und weichen bei grober Fahrlässigkeit vom "Alles-oder-nichts-Grundsatz" ab. § 1 (Einführung) und § 4 (Anhang) runden das hochaktuelle Werk ab.

Rechtsanwalt Kuhn kennt sich als langjähriges Vorstandsmitglied (und derzeitiger Präsident) von PEOPIL, einer internationalen Juristenvereinigung mit deutschsprachiger Interessengruppe, auch mit grenzüberschreitenden Schadensfällen aus. Vor diesem Hintergrund wäre es wünschenswert, wenn der Autor in der zehnten (Jubiläums-)Auflage einen kurzen Blick auf das Recht und die Praxis der – oft schematischen statt individuellen – Schadensverteilung in wichtigen Reiseländern (etwa Italien, Frankreich und Spanien) werfen würde.

Es sei noch darauf hingewiesen, dass die Käufer der 9. Auflage die früheren, nicht mehr in dem aktuellen Werk enthaltenen Entscheidungen als eBroschüre (pdf) kostenlos miterwerben und herunterladen können.

Trotz des großen Buchumfangs hat der Autor – in Anbetracht der unüberschaubaren Zahl von Haftungsverteilungsurteilen – in verdienstvoller Weise die wesentlichen Entscheidungen herausgezogen und die Texte durch die eingefügten Unfallskizzen leserfreundlich aufgelockert. Nicht nur Anwälte, Richter und Versicherungs-Sachbearbeiter, auch Geschädigte werden es ihm danken.

Autor: Hermann Neidhart

RA Hermann Neidhart, Neuried

zfs 7/2016, S. 375 - 376

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