Hinsichtlich der notwendigen Feststellungen zu einer Geschwindigkeitsüberschreitung stellte das OLG Bamberg[8] fest, dass es für die Feststellung der tatsächlichen Messwerte zur konkreten Geschwindigkeit des Betroffenen nicht genügt, in den Urteilsgründen ausschließlich gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf das in der Hauptverhandlung in Augenschein genommene Messfoto Bezug zu nehmen. Insbesondere die Messdaten werden davon nämlich nicht erfasst. Das KG Berlin[9] bestätigte die bisherige Rechtsprechung,[10] dass eine nach § 71 OWiG, § 267 Abs. 1 S. 3 StPO erfolgende Verweisung auf ein bei den Akten befindliches Videoband unzulässig ist. Die Videoaufzeichnung wird durch die Verweisung nicht zum Bestandteil der Urteilsgründe.

Das OLG Koblenz[11] entschied, dass der Tatrichter grundsätzlich davon ausgehen darf, dass aufgestellte Verkehrszeichen von den Verkehrsteilnehmern wahrgenommen werden. Die Möglichkeit, dass ein Kraftfahrer ein Zeichen übersehen hat, braucht nur dann in Rechnung gestellt zu werden, wenn sich hierfür konkrete Anhaltspunkte ergeben oder der Betroffene dies im Verfahren einwendet. Zudem müsse das Urteil das angewandte Messverfahren, den berücksichtigten Toleranzwert und darüber hinaus die Mitteilung enthalten, dass die Bedienungsvorschriften beachtet worden sind und das Gerät geeicht war.

Dazu passt auch Folgendes: Das OLG Hamm bestätigte die bisherige Praxis, dass bei einem Schuldspruch wegen (vorsätzlicher oder fahrlässiger) Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit die Angabe des Maßes der Geschwindigkeitsüberschreitung in der Urteilsformel nicht notwendig ist.

Schließlich wurde die bisherige Rechtsprechung des OLG Koblenz fortgesetzt und die Vorsatzannahme bei mehr als 40 km/h Überschreitung außerorts bejaht.[12] Dogmatisch sehr schön stellt das OLG Koblenz dabei auch klar, dass die Prüfung des § 4 Abs. 4 BKatV nur erfolgen kann, wenn die Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbots an sich überhaupt vorliegen. D.h. das Gericht muss sich mit dem vollständigen Wegfall zuerst befassen, erst dann kann ein Absehen gegen Erhöhung der Geldbuße in Betracht kommen. Diesem richtigen Ansatz diametral entgegen steht eine Entscheidung des OLG Celle.[13] Dort wird propagiert, dass das Gericht zunächst zu prüfen habe, ob aufgrund besonderer äußerer oder subjektiver Umstände ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbotes – ggf. unter Erhöhung der nach dem Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelgeldbuße – abgesehen werden kann. Sodann sei abzuwägen, ob eine außergewöhnliche Härte als Folge des Fahrverbotes dessen Verhängung entgegensteht. Dies ist dogmatisch nicht korrekt und der Verteidiger muss ganz penibel darauf hinarbeiten, dass das Gericht eben zuerst die Prüfung des Wegfalls vornimmt und erst danach § 4 Abs. 4 BKatV in den Fokus nimmt.

Daneben gab es weitere interessante Beschlüsse zu § 10 OWiG. Das OLG Bremen[14] fordert im Rahmen des § 24a StVG von einem Cannabis-Konsumenten, dass er sich als Kraftfahrer erst in den Straßenverkehr begeben darf, wenn er sicherstellen kann, den analytischen Grenzwert von 1,0 ng/ml THC im Blutserum nicht mehr zu erreichen. Das erfordert ein ausreichendes – gegebenenfalls mehrtägiges – Warten zwischen letztem Cannabiskonsum und Fahrtantritt.[15] Im Regelfall besteht für den Tatrichter kein Anlass, an der objektiven Sorgfaltspflichtverletzung und dem subjektiven Sorgfaltsverstoß zu zweifeln, wenn der analytische Grenzwert nach Beendigung der Fahrt erreicht ist. Beim Fahren unter Betäubungsmitteleinfluss handelt nach Ansicht des OLG Koblenz[16] jedenfalls fahrlässig, wer vor Fahrtantritt Drogen konsumiert hat und sich dennoch an das Steuer seines Fahrzeuges setzt, ohne sicherzustellen, dass der Rauschmittelstoff vollständig unter den analytischen Grenzwert abgebaut ist. Unabhängig vom Zeitpunkt des Drogenkonsums muss sich ein Kraftfahrzeugführer daher hinreichend über die mögliche Wirkdauer der Droge erkundigen.

Zum Rotlichtverstoß erläuterte das OLG Schleswig,[17] dass bei dem standardisierten Messverfahren Traffiphot III die Angabe des Gerätetyps, des Messergebnisses sowie des Toleranzwertes in den Urteilsgründen genüge. Allerdings bedarf es zusätzlich zumindest der Angabe der wesentlichen Anknüpfungstatsachen wie des Abstands zwischen Haltelinie, erster und zweiter Induktionsschleife sowie der Rotlichtzeiten bei Überfahren der ersten und zweiten Induktionsschleife. Zum Rotlichtverstoß ergänzte das OLG Bamberg[18] noch, dass bei der Verurteilung wegen eines innerhalb geschlossener Ortschaften begangenen "einfachen" Rotlichtverstoßes im Bußgeldurteil Ausführungen zur Dauer der Gelbphase, der zulässigen und vom Betroffenen eingehaltenen Geschwindigkeit sowie seines Abstands zur Ampel regelmäßig entbehrlich sind.

Das KG Berlin[19] hält nach wie vor daran fest, dass bei Verhängung einer erheblich über der Geringfügigkeitsgrenze von 250 EUR liegenden Geldbuße im Urteil genauere Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen als Bemessungskriter...

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