"Die zulässige Klage ist begründet. Über die Hilfswiderklage ist nicht zu entscheiden, da diese nur für den Fall der Klageabweisung erhoben wurde."

Der Kl. ist als Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs gem. § 952 Abs. 1 BGB analog auch Eigentümer der Zulassungsbescheinigung Teil II und kann demgemäß von der Bekl. Herausgabe gem. § 985 BGB verlangen. Der Kl. hat das Fahrzeug für die … GmbH gem. §§ 929, 932 BGB gutgläubig erworben und konnte es daher anschließend wirksam an sich selbst übereignen. Ein Fall des Abhandenkommens i.S.v. § 935 BGB liegt nicht vor, weil der Bekl. die Sache nicht abhandengekommen ist. Sie hat das Fahrzeug vielmehr freiwillig zu Leasingzwecken an … gegeben.

Nach der Überzeugung des Gerichts hatte der Kl. bei dem Erwerb des Fahrzeugs für die … GmbH keine Kenntnis davon, dass der Verkäufer … nicht Eigentümer des Fahrzeugs war. Der Kl. berichtete bei seiner Anhörung im Termin v. 4.12.2014 glaubhaft, dass er selbst die Bekl. auf die Spur des Fahrzeugs gebracht hat, indem er bei der Firma … , die seines Wissens nach mit der Bekl. zusammenarbeitet, nach den am 21.10.2013 durchgeführten Reparaturen fragen ließ. Aus dem Serviceheft des Fahrzeugs hat sich ergeben, dass die Firma … das Fahrzeug am 21.10.2013 überprüft hatte. Am 15.11.2013 wurde das Fahrzeug von der Bekl. an den Leasingnehmer … übergeben. Wenn der Kl., der nach seinen Angaben schon Fahrzeuge von der Bekl. gekauft hat, damit gerechnet hätte, dass es sich um ein unterschlagenes Fahrzeug handelt, hätte er bei der Firma … keine Erkundigungen eingezogen. Der Kl. hat sich nach seinen glaubhaften Angaben vor dem Ankauf auch bei der Polizei erkundigt, ob das Fahrzeug auf … zugelassen ist und nicht als gestohlen gemeldet ist.

Die Bekl. konnte den ihr nach § 932 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB obliegenden Nachweis, dass der Kl. beim Erwerb des Fahrzeugs nicht im guten Glauben war, nicht führen. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, weil er das unbeachtet lässt, was im konkreten Fall jedem hätte einleuchten müssen (st. Rspr. vgl. BGH WM 1966, 678 BGH NJW 1960, 2245 BGH NJW 2005, 1365, 1366). Beim Erwerb vom Nichtberechtigten ist dies regelmäßig anzunehmen, wenn der Erwerber trotz Vorliegens von Verdachtsgründen, die Zweifel an der Berechtigung des Veräußerers wecken müssen, sachdienliche Nachforschungen nicht unternimmt. Wann eine solche Nachforschungspflicht besteht, ist eine Frage des Einzelfalls. Für den Gebrauchtwagenhandel ist nach der Rspr. des BGH, der sich die Kammer anschließt, bei der Bewertung der Umstände, die für den Käufer eines gebrauchten Kfz eine Nachforschungspflicht hinsichtlich der Verfügungsberechtigung des Veräußerers begründen, ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BGH NJW-RR 1987, 1456, 1457 m.w.N.).

Auch unter Zugrundelegung eines strengen Maßstabs bestand für den Kl. über die von ihm eingeholten Informationen hinaus keine weitergehende Nachforschungspflicht. Zwar genügt es für die Annahme der Gutgläubigkeit noch nicht, dass sich der Kl. die – gefälschte – Zulassungsbescheinigung Teil II hat vorlegen lassen. Die Überprüfung der Berechtigung des Veräußerers anhand dieses Dokuments gehört vielmehr lediglich zu den Mindestanforderungen für einen gutgläubigen Erwerb eines Gebrauchtwagens (st. Rspr., vgl. BGH NJW 2006, 3488, 3489). Hiervon ausgehend können sich aber weitergehende Nachforschungspflichten ergeben, wenn besondere Umstände den Verdacht des Erwerbers erregen mussten (BGH WM 1363, 1186).

Derartige unberücksichtigt gebliebene weitergehende Nachforschungspflichten bestanden hier nicht. Insb. bestanden keine besonderen Verdachtsmomente, wie ein besonders günstiger Kaufpreis, eine verdächtige Veräußerungssituation oder eine verkehrsunübliche Abwicklung des Geschäfts (vgl. Oechsler, in MüKo-BGB, 5. Aufl., § 932 Rn 48 ff.).

Der Kl. hat sich nach seiner glaubhaften Einlassung vom Veräußerer … die Zulassungsbescheinigungen Teil I und Teil II (Anlagen B4 und K1) vorlegen lassen. In diesen Dokumenten war der Veräußerer … als Berechtigter eingetragen. Der Kl. musste auch keineswegs ohne Weiteres erkennen, dass es sich bei der Zulassungsbescheinigung Teil II um eine Fälschung handelte. Es lag kein Fall vor, in dem die Fälschung, z.B. wegen auffälliger Schreibfehler oder unrichtiger technischer Eintragungen, leicht durchschaubar gewesen wäre (vgl. BGH WM 1966, 678 Oechsler, in MüKo-BGB § 932 Rn 56). Bei dem gefälschten Papier handelte es sich um ein originales Blankoformular. Auch die vom Veräußerer oder seinen Komplizen vorgenommenen Eintragungen ließen eine Fälschung nicht problemlos erkennen. Dies gilt insb. auch für die Behauptung der Bekl., die fehlende Übereinstimmung der Dokumenten-Nummern der Zulassungsbescheinigungen Teil I und Teil II hätte dem Kl. zwingend auffallen müssen. Auch wenn die fehlende Übereinstimmung dem Kl. aufgefallen wäre, hat der Fälscher mit der Eintragung unter (25) der gefälschten Zulassungsbescheinigung Teil II einem Verdachtsgr...

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