Entscheidungsstichwort (Thema)

Gutgläubiger Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeugs von einem gewerblichen Kfz-Händler

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zwar muss demjenigen, der von einer Privatperson einen Gebrauchtwagen erwirbt, die nicht als Halter im Fahrzeugbrief ausgewiesen ist, sich der - eine Nachforschungspflicht auslösende - Verdacht aufdrängen, dass der Veräußerer auf unredliche Weise in den Besitz des Fahrzeugs gelangt sein könne (BGH NJW-RR 1987,1456,1457). Das gilt aber nicht für solche Fälle, in denen - wie hier - ein gebrauchtes Fahrzeug von einem Händler in dessen Geschäftsbetrieb erworben wird und dabei der Kraftfahrzeugbrief bzw. die Zulassungsbescheinigung Teil II samt allen sonstigen Unterlagen übergeben wird (vgl. BGH NJW 1975, 735; NJW-RR 1987, 1456, 1457; NJW 1992, 310).

2. Beim Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeugs von einem Kfz-Händler reicht allein dessen fehlende Eintragung im Kfz-Brief zur Begründung der Bösgläubigkeit nicht aus, weil es nicht ungewöhnlich ist, dass ein Autohändler ein gebrauchtes Fahrzeug ohne vorherige Umschreibung verkauft (OLG Köln, Urteil v. 21.02.1996 - 6 U 167 (94, Rn. 12; OLG Düsseldorf, Urteil v. 11.02.2009 - I-11 U 24(08, Rn. 12; jeweils zitiert nach juris).

 

Normenkette

BGB §§ 932, 935, 952 Abs. 2, § 985

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO vorliegen.

Kurzsachverhalt:

Ein Handwerksbetrieb leaste als Leasingnehmerin drei gleichartige Transporter-Pkw von der Beklagten. Noch während des laufenden Leasingverhältnisses unterschlug die Leasingnehmerin die Fahrzeuge und veräußerte sie an einen gewerblichen Kfz-Händler unter Verwendung von auf amtlichem Originalpapier gefälschten Fahrzeugpapieren.

Von dem gewerblichen Kfz-Händler erwarb die Klägerin, eine Waschanlagenbetreiberin, eines der drei Transport-Pkw und meldete das Fahrzeug erfolgreich bei der für ihren Sitz zuständigen Zulassungsstelle an. Dort fiel die Fälschung der Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) erst ein halbes Jahr später auf. Die Klägerin beruft sich auf gutgläubigen Eigentumserwerb und verlangt von der Beklagten die Herausgabe der echten Zulassungsbescheinigung Teil II. Die Beklagte verweigert das und meint, die Klägerin habe eine Nachforschungspflicht getroffen, der die Klägerin grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Das Landgericht hat der Herausgabeklage der Klägerin stattgegeben. Die Beklagte hat ihre dagegen gerichtete Berufung nach dem vom Berufungsgericht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO erteilten Hinweis zurückgenommen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II des PKW X.-Auto Typ YZ-Transporter, Fahrzeugidentifizierungsnr. XYZ999 nach (streitigem) gutgläubigem Erwerb durch die Klägerin Mitte 2015.

Wegen des Sach- und Streitstandes der I. Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angegriffenen landgerichtlichen Urteils (Seite 2-5 = Bl. 250R-252 d. A.) verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II gem. § 985 BGB zu. Als Eigentümerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs sei sie gem. § 952 Abs. 2 BGB analog auch Eigentümerin der Zulassungsbescheinigung Teil II.

Es könne dahinstehen, ob die Streitverkündete bereits von der Leasingnehmerin Eigentum erworben habe. Jedenfalls die Klägerin habe von der Streitverkündeten gem. §§ 929 S. 1, 932 BGB gutgläubig Eigentum erworben.

Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe nicht nachweisen können, dass der Klägerin bei dem Erwerb in Bezug auf die Eigentümerstellung des Veräußerers grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen sei. Beim Erwerb eines gebrauchten Kfz bestehe keine allgemeine Nachforschungspflicht, die Übergabe und Prüfung des Kfz-Briefes bzw. der Zulassungsbescheinigung Teil II seien die Mindestanforderungen für einen gutgläubigen Erwerb. Diesen habe die Klägerin genügt. Der insoweit beweispflichtigen Klägerin sei aufgrund der übereinstimmenden Angaben der Zeugen F. und Z. der Nachweis gelungen, dass sich der Zeuge F. die Zulassungsbescheinigung Teil II angesehen und zumindest die Fahrgestellnummern verglichen habe. Der Zeuge F. sei als Zeuge zu vernehmen gewesen, weil er am Morgen des 07.12.2016 wirksam vor der mündlichen Verhandlung als Geschäftsführer der Klägerin abberufen worden sei.

Das Vorliegen hinreichender Verdachtsgründe, die die Klägerin bzw. den Zeugen F. zu weiteren Nachforschungen hätten verpflichten können, habe die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht nachweisen können.

Die gefälschte Zulassungsbescheinigung Teil II sei nicht in einem Maße auffällig gewesen, dass dem Zeugen F. hätten Bedenken kommen müssen. Die sich bei genauerer Betrachtung ergebenden Auffälligkeiten seien in einer Gesamtschau nicht dera...

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