Es ist mehr als unglücklich, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.6.2013 in letzter Konsequenz dazu geführt hat, dass immer mehr Gerichte dazu übergehen, die bestehenden Regelungen dahingehend auszulegen, dass nunmehr bei jeglicher strafgerichtlichen Entziehung unabhängig von der festgestellten Blutalkoholkonzentration die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung obligatorisch ist.

Der Normgeber hatte sich entschieden, Regelfälle vorzugeben, die sich in § 13 S. 1 Nr. 2 FeV finden lassen. Bereits die Formulierung in Nr. 2d lässt den Rückschluss zu, dass diese Vorschrift als Auffangtatbestand gedacht war, während in Nr. 2a bis 2c die klassischen Anwendungsfälle normiert sind. Hiernach besteht Überprüfungsbedarf nach Alkoholabhängigkeit oder bei Erkenntnissen über Alkoholmissbrauch, bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss oder nach bereits einmaliger Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrzeugführer mit 1,6 oder mehr Promille. Alleine die Festlegung des Regelfalls in Nr. 2c (1,6 oder mehr Promille) macht deutlich, dass mit der Klarstellung durch das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 24.6.2013 – nämlich, dass unter Nr. 2 sowohl die verwaltungsrechtliche als auch die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis gemeint ist – nicht der Rückschluss zulässig sein kann, dass bei jedweder Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Nr. 2a erfüllt sind. Hierin liegt ein eindeutiger Wertungswiderspruch. Dies bedeutet, wie bereits ausgeführt, dass bereits die strafgerichtliche Entziehung bei 0,3 Promille alleine für sich ausreichen würde, der Behörde gemäß § 13 S. 1 Nr. 2a FeV i.V.m. § 13 S. 1 Nr. 2d FeV eine Anordnungsbefugnis einzuräumen, während nach § 13 S. 1 Nr. 2c FeV eine einmalige Straßenverkehrsteilnahme mit 1,6 oder mehr Promille erforderlich wäre.

Insgesamt erscheint fragwürdig, ob der Normgeber die nunmehr durch die vorgenannten Gerichte vorgenommene Auslegung gemeint und gewollt haben kann, wenn nunmehr unter dem in Nr. 2a enthaltenen Stichwort "Alkoholmissbrauch" die strafrechtliche Entziehung der Fahrerlaubnis ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,3 Promille subsumiert werden soll, während parallel hierzu im Regelfall unter Nr. 2c eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr gefordert ist.

Irritierend hierbei ist die Definition in Anlage 4 FeV unter Nr. 8.1, in der der Alkoholmissbrauch definiert wird als das Unvermögen, einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum vom Führen von Fahrzeugen hinreichend sicher trennen zu können. Sicherlich hat diese Definition dazu beigetragen, dass eine Auslegung in der oben geschilderten Form nunmehr in der Rechtsprechung Fuß gefasst hat. Ziel des Normgebers sollte es sein, von wissenschaftlichen Erkenntnissen geleitet Regelungen aufzustellen. Die Frage, wann die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung angezeigt ist, sollte daher von fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Frage der Rückfallwahrscheinlichkeit getragen sein. Das ist die wesentliche Aussage, nur darum sollte es gehen. Die bisherige Argumentation geht mehr in die Richtung der Leistungsbeeinträchtigungen.

Demzufolge stellt sich die Frage, ob das mangelnde Trennungsvermögen, von dem in Nr. 8.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV die Rede ist, bereits in der einmaligen Fahrt unter Alkoholeinfluss unabhängig von dem Ausmaß der Alkoholisierung vorliegt. Hier wird es in jedem Fall einer Klarstellung durch den Normgeber bedürfen. Unter Berücksichtigung, dass in § 13 S. 1 Nr. 2b FeV das wiederholte Auffälligwerden im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss den Regelfall der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung ausmacht, könnte man sich ebenso auf den Standpunkt stellen, dass derjenige einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum spätestens dann nicht sicher vom Führen eines Fahrzeugs trennen kann, wenn er nach der ersten Alkoholfahrt sein Fehlverhalten nicht hinreichend erkennt und für eine Verhaltensänderung sorgt, um einen Wiederholungsfall ausschließen zu können. Sollten sich jedoch wissenschaftliche Erkenntnisse dahingehend gefestigt haben, dass eine Rückfallwahrscheinlichkeit bereits bei erstmaligem Auffälligwerden bei einer Blutalkoholkonzentration von deutlich weniger als 1,6 Promille gegeben ist, wäre eine Überarbeitung bzw. Herabsetzung der Grenze in § 13 S. 1 Nr. 2c FeV erforderlich.

Während sich die Regelbeispiele in Nr. 2b und 2c mit dem Auffälligwerden des Betroffenen unmittelbar im Straßenverkehr beschäftigen, bleibt im Regelbeispiel der Nr. 2a grundsätzlich weiterhin Raum für Erkenntnisse über ein problematisches Alkoholkonsumverhalten, die sich unabhängig vom Straßenverkehr ergeben.

Fraglich ist also, ob es der Regelung in Nr. 2d tatsächlich bedarf, insbesondere wenn dies dazu führt, dass diese Vorschrift über Gebühr und letztlich unter Missachtung der sich hieraus ergebenden Wertungswidersprüche durc...

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