1. Die zulässige Feststellungsklage zu 1., mit welcher der Kl. die Feststellung der Verpflichtung der Bekl. zur Gewährung von Deckungsschutz für die beabsichtigte Interessenverfolgung im Zusammenhang mit der angeblichen Abgasmanipulation seines Pkw begehrt, ist begründet …

b) Die Feststellungsklage ist begründet.

Dem Kl. steht gegen die Bekl. aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag ein entsprechender Anspruch auf Deckungsschutz zu.

Für den geltend gemachten Rechtsschutzfall besteht Versicherungsschutz; die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 17 (1) VRB. Darauf, dass dem sogenannten "Stichentscheid" vom 18.8.2020 keine Bindungswirkung gem. § 17 (3) VRB zukommt, da es sich hierbei nicht um einen bedingungsgemäßen Stichentscheid handelt (vgl. hierzu unter 2.), kommt es demnach nicht an.

aa) Für den geltend gemachten Rechtsschutzfall besteht Versicherungsschutz.

(1) Der Rechtsschutzfall – hier steht nur Rechtsschutz in Form des Schadensersatz-Rechtsschutzes gemäß § 2 (1) VRB in Rede – besteht vorliegend in dem Erwerb des Pkw durch den Kl.

Erst, aber auch bereits der Erwerb des Pkw stellt das den Rechtsschutzfall i.S.v. § 4 (2) a) VRB auslösende Ereignis dar. Erst mit dem Erwerb wurde die vom Kl. behauptete Verletzung von Rechtspflichten – die Ausstattung und das Inverkehrbringen des Pkw mit unzulässigen Abschalteinrichtungen durch W. – gerade ihm gegenüber begangen und bestand ein "fassbarer Bezug" des Erstereignisses zur Person des Kl. (vgl. Prölss/Martin/Piontek, VVG, 31. Aufl. 2021, ARB 2010 § 4 Rn 8, sowie OLG Köln, Beschl. v. 30.3.2017 – 9 U 182/16).

(2) Da der Pkw zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Bekl. noch nicht auf den Kl. zugelassen war, ergibt sich der Versicherungsschutz zwar nicht aus § 21 (1) VRB, da hiernach Versicherungsschutz (nur) für den VN in seiner Eigenschaft u.a. als Eigentümer des bei Vertragsschluss auf ihn zugelassenen und im Versicherungsschein genannten Fahrzeugs besteht.

Versicherungsschutz besteht aber nach § 21 (2) VRB, wonach Versicherungsschutz auch hinsichtlich aller später während der Vertragsdauer auf den VN zugelassenen Fahrzeuge der im Versicherungsschein genannten Gruppe besteht.

Dem steht nicht entgegen, dass der hier in Rede stehende Rechtschutzfall zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, als der Pkw noch nicht auf den Kl. zugelassen war.

Versicherungsschutz besteht vorliegend nämlich – im Unterschied zu dem erst kürzlich vom Senat entschiedenen Sachverhalt (Urt. v. 8.3.2023 – 20 U 110/22) – auch für Rechtsschutzfälle, die im Zusammenhang mit dem Vertrag über den Erwerb – also regelmäßig vor der Zulassung des Fahrzeugs auf den VN – stehen. Dies ergibt sich aus der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB, da die Klausel des § 21 (2) VRB unklar i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB ist.

AVB zu denen die hier in Rede stehende Klausel gehört, sind nach st. Rspr des BGH so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind (…).

Dem Wortlaut der Klausel des § 21 (2) VRB allein wird ein durchschnittlicher VN zwar nicht ohne Weiteres entnehmen, dass er Versicherungsschutz auch für Rechtsschutzfälle genießt, welche vor der Zulassung des Pkw auf seinen Namen eingetreten sind. Der Wortlaut dieser Klausel, wonach auch "hinsichtlich aller später während der Vertragsdauer auf den VN zugelassenen Fahrzeuge der im Versicherungsschein genannten Gruppe" Versicherungsschutz besteht, wirft aber jedenfalls Fragen auf. Die Verwendung des Begriffs "zugelassenen" deutet einerseits darauf hin, dass der Versicherungsschutz erst mit dem Akt der Zulassung zum öffentlichen Straßenverkehr beginnt. Andererseits wird in der Klausel nicht, wie in in § 21 (1) VRB ("des bei Vertragsabschluss auf ihn zugelassenen … Fahrzeugs"), der für den Beginn des Versicherungsschutzes maßgebliche Zeitpunkt ausdrücklich benannt. Vielmehr ist von "während der Vertragsdauer auf den VN … zugelassenen Fahrzeuge" die Rede, was für den durchschnittlichen VN (als Rechtslaien) die Deutung zulässt, dass der Versicherungsschutz bereits mit dem Erwerb und noch vor der Zulassung der während der Vertragsdauer "hinzutretenden" Fahrzeuge besteht. Der durchschnittliche VN wird der Klausel in § 21 (2) VRB daher auch nicht sicher entnehmen können, dass der Versicherungsschutz erst mit der Zulassung beginnt.

Nimmt er sodann die Klausel von § 21 (8) VRB, auf welche in § 21 (2) VRB verwiesen wird, in den Blick, werden solche Zweifel darüber, ob der Versicherungsschutz für erst nach Vertragsschluss erworbe...

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