Vor Erhebung der allgemeinen Feststellungsklage ist dem in Anspruch zu nehmenden Haftpflichtversicherer selbstredend die Möglichkeit zu geben, zur Vermeidung einer Klage ein entsprechendes Anerkenntnis abzugeben. Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zu § 218 BGB a.F.[6] judiziert, dass ein titelersetzendes Anerkenntnis nur vorliegt, wenn der Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherer ein schriftliches Anerkenntnis hinsichtlich der Schäden abgibt, um dem Geschädigten eine Feststellungsklage zu ersparen.[7] Entscheidend ist, dass beide Parteien eine den Titel ersetzende Erklärung bewusst schaffen wollen. Hierfür sind übereinstimmende Willenserklärungen erforderlich, für die es konkrete Anhaltspunkte geben muss. Von daher ist es entscheidend, dass der tätige Rechtsanwalt ausdrücklich in seinem Aufforderungsschreiben deutlich macht, dass er eine titelersetzende Erklärung schaffen möchte. In diesem Sinne hat der Bundesgerichtshof nämlich mehrfach judiziert, dass allein ein in eine Abfindungserklärung aufgenommener Vorbehalt hinsichtlich materieller Zukunftsschäden im Regelfall kein titelersetzendes Anerkenntnis darstellt.[8] Da entsprechende Vorbehalte häufig in Abfindungserklärungen aufgenommen werden, dürfte manchmal ein "böses Erwachen" eintreten wenn sich der Versicherer später bei der Geltendmachung weiterer Ansprüche auf Verjährung beruft.

Nach der Schuldrechtsreform[9] ist die dreißigjährige Verjährungsfrist rechtskräftig festgestellter Ansprüche nunmehr in § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB geregelt. Danach verjähren rechtskräftig festgestellte Ansprüche in 30 Jahren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Von daher sollte ein Schädiger bzw. dessen Versicherer zeitnah nach einem Schadenereignis zur Abgabe einer titelersetzenden Erklärung aufgefordert werden, die nachfolgenden Inhalt haben sollte:

Zitat

"Mit Wirkung eines am ____ rechtskräftig gewordenen Feststellungsurteils verpflichtet sich die H. Versicherung gleichzeitig auch im Namen des Versicherungsnehmers V dem Anspruchsteller A sämtliche materiellen und immateriellen Ansprüche zu ersetzen, die darauf beruhen, dass dieser am ____ in _____ in ein Schadenereignis verwickelt war, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden."

Mit der Angabe eines speziellen Datums in der geforderten Erklärung wird der Beginn der dreißigjährigen Frist klargestellt. Die gewählte Formulierung stellt im Übrigen sicher, dass ein titelersetzendes Anerkenntnis erfolgen soll mit der Folge, dass eine Gleichstellung zu § 197 Abs. 1 Ziff. 3 BGB herbeigeführt wird. Da Ansprüche der Sozialversicherungsträger regelmäßig am Schadentage übergehen,[10] berühmt sich der Anspruchsteller im Übrigen nur solcher Ansprüche, die ihm selbst verbleiben. Gleiches gilt im Hinblick auf sonstige Dritte. So ist z.B. zu denken an Forderungsübergänge, die erst mit der Leistung auf den Leistenden übergehen, wie dies bei Versicherungsleistungen[11] und Entgeltfortzahlungen[12] der Fall ist.

Wie bereits ausgeführt wurde, bedarf es zur Abgabe einer titelersetzenden Erklärung zweier übereinstimmender Willenserklärungen. Die Praxis zeigt nun, dass Versicherer dazu neigen, die erbetenen Erklärungen nicht bzw. nicht im geforderten Umfang abzugeben. Sehr häufig wird dann vom Versicherer eine Erklärung wie folgt abgegeben:

"Einwendungen zum Haftungsgrund werden nicht erhoben".[13] Dass eine solche Erklärung kein titelersetzendes Anerkenntnis darstellt, liegt auf der Hand. Dementsprechend hat das OLG Saarbrücken[14] festgestellt, dass der Versicherer mit der Abgabe dieser Erklärung Veranlassung zur nachfolgenden Feststellungsklage gegeben hat mit der Folge, dass im Fall des im Prozess erklärten Anerkenntnisses § 93 ZPO nicht zugunsten des Versicherers eingreift. Dass Versicherer häufig sehr kreativ sind, zeigt der vom OLG Hamm entschiedene Fall.[15] Hier hatte der Versicherer folgende Erklärung abgegeben:

Zitat

"In vorbezeichneter Angelegenheit erklären wir hinsichtlich sämtlicher zukünftigen materiellen und immateriellen Ansprüche des Herrn R aus dem Unfallereignis vom 31.8.2016 einen Verjährungsverzicht mit Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils. Eine Prüfung der Unfallbedingtheit bleibt vorbehalten. Die Haftungsquote dem Grunde nach beträgt 100 % zu unseren Lasten."

Das OLG Hamm hat judiziert, dass die von dem Versicherer abgegebene Erklärung das Feststellungsinteresse des Klägers an der Feststellungsklage nicht in vollem Umfang beseitigen konnte. Das OLG hat völlig zu Recht festgestellt, dass die vom Versicherer abgegebene Erklärung nicht umfangreich ist. Sie umfasst nicht alle Ansprüche des Klägers ab dem Unfallereignis, so wie dies in der vorgegebenen titelersetzenden Erklärung des Anspruchstellers vorgegeben war. Die bis zur Abgabe der Erklärung entstandenen Ansprüche wären nicht gegen Verjährung abgesichert gewesen.

Wenn mithin die titelersetzenden Erklärungen durch den Versicherer mit Einschränkungen versehen werden, so i...

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