Die 4. KH-Richtlinie v. 16.5.2000 bezweckt die Verbesserung des Verkehrsopferschutzes bei Unfällen im Ausland (Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates, ABl Nr. L 181 v. 20.7.2000, S. 65 ff.). Neben der Errichtung von Auskunftsstellen zur Ermittlung des verantwortlichen VR und der Einrichtung einer Entschädigungsstelle, die bei unterbliebener Regulierung tätig wird, steht im Mittelpunkt der Regelung die Verpflichtung der VR zur Benennung von Schadensregulierungsbeauftragten in jedem EU-EWR-Mitgliedsstaat (Art. 4 der 4. KH-Richtlinie) und die Einführung von Schadensregulierungsverfahren und -fristen. Nach § 4 Abs. 6 der 4. KH-Richtlinie sehen die Mitgliedsstaaten die durch angemessene, wirksame und systematische finanzielle oder gleichwertige Sanktionen bewehrten Verpflichtungen vor, dass innerhalb von drei Monaten nach dem Tag, an dem der Geschädigte seinen Schadensersatzanspruch entweder unmittelbar beim Versicherungsunternehmen des Unfallverursachers oder bei dessen Schadensregulierungsbeauftragten angemeldet hat, dass entweder vom Versicherungsunternehmen des Unfallverursachers oder von dessen Schadensregulierungsbeauftragten ein mit Gründen versehenes Schadensersatzangebot vorgelegt wird, sofern die Eintrittspflicht unstreitig ist oder der Schaden beziffert wurde. Dem steht es gleich, dass das Versicherungsunternehmen, an das ein Antrag auf Schadensersatz gerichtet wurde, oder von dessen Schadensregulierungsbeauftragten eine mit Gründen versehene Antwort auf die in dem Antrag enthaltenen Darlegungen erteilt wird, sofern die Eintrittspflicht bestritten wird oder nicht eindeutig feststeht oder der Schaden nicht vollständig beziffert wurde.

Für den Fall nicht geglückter Regulierung stellen sich damit die beiden Probleme, ob bei klageweiser Geltendmachung der Schadensregulierungsbevollmächtigte Zustellungsvollmacht besitzt (a) und ob der Schadensregulierungsbevollmächtigte darüber hinaus für eine etwaige Klage passivlegitimiert ist (b).

a) Was die Frage der Zustellungsvollmacht des Regulierungsbeauftragten betrifft, hängt dies nicht nur von seiner Rechtsstellung im Verhältnis zu "seiner" ausländischen Versicherungsgesellschaft ab, sondern auch davon, ob sich aus der neuen ZustellungsVO aus dem Jahre 2007 etwas hierfür ergibt (EG 1393/2007 in ABl L 324 v. 10.12.2007, S. 79). Zwar ist eine Übersetzung der zuzustellenden Schriftstücke in die Amtssprache des Empfängerstaates nicht vorgeschrieben (Art. 5 der ZustellungsVO); ein faktischer Zwang zu dieser kostspieligen und zeitaufwändigen Prozedur besteht jedoch deshalb, well der Empfänger, der die Sprache der Abfassung des Schriftstückes nicht versteht, deren Übersetzung verlangen kann (Art. 8 Abs. 2 ZustellungsVO). Hinzu kommt, dass die Anlagen zu den Schriftsätzen dann zu übersetzen sind, wenn sie zu dem Verständnis der Schriftstücke erforderlich sind (vgl. EuGH NJW 2008, 1721; eingehend Riedmeyer, VGT 2009, 95).

Die Vermeidung dieses aufwändigen Verfahrens wäre dann möglich, wenn der Schadensregulierungsbeauftragte als zustellungsbevollmächtigt angesehen wird. Dafür spricht der Text des Erwägungsgrundes Nr. 15 zur 4. KH-Richtlinie, der von einer zu fordernden ausreichenden Befugnis des Schadensregulierungsbeauftragten spricht, das Versicherungsunternehmen gegenüber den Geschädigten und auch gegenüber den Gerichten zu vertreten (vgl. Jayme/Hausmann, Internationales Privat- und Verfahrensrecht, 10. Aufl., Nr. 211; Riedmeyer, a.a.O.). Dagegen wird eingewandt, dass der Geschädigte unbeschadet der Bestellung eines Schadensregulierungsbeauftragten gerichtlich unmittelbar gegen den Unfallverursacher bzw. dessen HaftpflichtVR vorgehen kann (vgl. KG NJW-RR 2008, 1023) und der Schadensregulierungsbeauftragte keine Niederlassung des ausländischen VR unterhält (vgl. auch Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl., AuslUnf B 21 unter Hinweis auf Erwägungsgrund 16 der 4. KH-Richtlinie). In der Regel wird auch nicht nachgewiesen werden können, dass die ausländische Versicherungsgesellschaft ihren Schadensregulierungsbeauftragten als Zustellungsbevollmächtigten gem. § 171 S. 1 ZPO beauftragt hat.

b) Damit kann erst recht nicht davon ausgegangen werden, dass der Regulierungsbeauftragte passivlegitimiert bezüglich etwaiger Schadensersatzansprüche ist. Seine Aufgabe ist es, die für die Regulierung von Ansprüchen erforderlichen Informationen zu sammeln und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Schadensregulierung auszuhandeln (Feyock/Jacobsen/Lemor, a.a.O, Rn 16). Soweit er Auszahlungen erbringt, wird er im Namen und auf Rechnung des Versicherungsunternehmens tätig (vgl. Art. 4 Abs. 5 S. 1 RL).

RiOLG a.D. Heinz Diehl, Neu-Isenburg

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