Leitsatz (amtlich)

1. Aus der 4. KH Richtlinie (Richtlinie 2000/26/EG) ergibt sich nicht, dass inländliche Schadensregulierungsbeauftragte im EU-Ausland geschäftsansässiger Kfz-Haftpflichtversicherer für Klagen von Unfallgeschädigten, die einen Direktanspruch geltend machen, als zustellungsbevollmächtigt anzusehen sind.

2. Weist das Gericht nach gerügter Unwirksamkeit der an den Schadensregulierungsbeauftragten bewirkten Zustellung auf die fehlende Zustellungsvollmacht hin und lehnt der Kläger, obwohl der gegnerische Prozessbevollmächtigte erklärt, dass der Haftpflichtversicherer die Annahme einer nicht in die Amtssprache des Empfängerstaates übersetzten Klageschrift nach Art. 8 der ZustellungsVO(EG) 1393/2007 verweigern wird, es ab, die erforderliche Übersetzung vorzulegen, so ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

 

Verfahrensgang

AG Homburg (Urteil vom 17.08.2009; Aktenzeichen 16 C 233/08)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 17.8.2009 verkündete Urteil des AG Homburg - Az. 16 C 233/88 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

I. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des (jeweils) zu vollstreckenden Betrages leistet.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.596,68 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt die Beklagte, eine in Spanien ansässige Versicherungsgesellschaft, aufgrund eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz in Anspruch, der sich am 9.4.2008 gegen 11.00 Uhr auf der A 85 bei Orly in Frankreich ereignet hat.

Die Beklagte hat die Versicherung AG im Inland mit der Schadensregulierung beauftragt.

Zum Unfallhergang hat die Klägerin vorgetragen, der Fahrer des bei der Beklagten haftplichtversicherten Lkw's Marke DAF, amtliches Kennzeichen, sei infolge Unaufmerksamkeit gegen das Heck des Lkw's mit dem amtlichen Kennzeichen gestoßen, der wegen eines Verkehrsstaus habe anhalten müssen und dessen Eigentümerin und Halterin die Klägerin sei.

Neben Reparaturkosten von 1.208,68 EUR netto macht die Klägerin Sachverständigenkosten von 362 EUR netto sowie eine Unkostenpauschale von 26 EUR geltend. Außerdem begehrt sie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Die Klägerin ist der Auffassung, die vom AG Homburg/Saar bewirkte Zustellung der Klage an die Versicherung AG als inländische Schadensregulierungsbeauftragte der Beklagten sei wirksam. Nach Art. 4 und den Erwägungen 15 und 16 der amtlichen Begründung zur 4. KH-Richtlinie (Richtlinie 2006/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung) seien die Regulierungsbeauftragten ausländischer Versicherungsgesellschaften für Kfz. - Haftpflichtschäden aufgrund der ihnen erteilten Vollmacht auch für die Zustellung von Klagen als bevollmächtigte Vertreter der Versicherungsunternehmen anzusehen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.596,68 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit Rechtshängigkeit sowie 192,90 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Unwirksamkeit der an ihre inländische Schadensregulierungsbeauftragte bewirkten Klagezustellung gerügt, der sie keine entsprechende rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht erteilt habe und deren Zustellungsbevollmächtigung für Klagen sich auch nicht aus der 4. KH-Richtlinie ergebe.

In der Sache hat die Beklagte bestritten, dass die im Haftpflichtgutachten dokumentierten Schäden am Lkw der Klägerin aus dem streitgegenständlichen Anstoß herrühren. Außergerichtlich hat die Schadensregulierungsbeauftragte der Beklagten geltend gemacht, der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs habe den Unfall beim Zurückrollen selbst verschuldet (Bl. 16 d.A.).

Da im Streitfall das Recht des Unfallortes Anwendung finde, sei es im Rahmen schlüssigen Klagevorbringens darüber hinaus Aufgabe der Klägerin gewesen, die Ersatzfähigkeit aller den Gegenstand der Klage bildenden Schäden sowie den Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nach französischem Recht darzulegen, was nicht geschehen sei.

Das AG Homburg hat die Klage durch das zur Berufung angefallene Urteil als unbegründet abgewiesen. Das AG hat die Ansicht vertreten, die "auftragsgemäß" an die inländische Schadensregulierungsbeauftragte der Beklagten bewirkte Klagezustellung sei unwirksam. Da es an einer ordnungsgemäßen Zustellung der Klage fehle, sei die Klage als unbegründet abzuweisen.

Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Klägerin hält die K...

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