[5] "… Das Berufungsurteil hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Der Kl. stehen weder die geltend gemachten Reparaturkosten noch Ersatz weiterer Nebenkosten zu."

[6] 1. Nach der Rspr. des erkennenden Senats kann in Abweichung von dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Ersatz des Reparaturaufwands (Reparaturkosten zuzüglich einer etwaigen Entschädigung für den merkantilen Minderwert) bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurt. v. 15.2.2005 – VI ZR 70/04, BGHZ 162, 161, 167 ff.; v. 9.6.2009 – VI ZR 110/08, BGHZ 181, 242 Rn 15; v. 10.7.2007 – VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn 7; v. 8.12.2009 – VI ZR 119/09, VersR 2010, 363 Rn 6; v. 14.12.2010 – VI ZR 231/09, VersR 2011, 282 Rn 8; v. 8.2.2011 – VI ZR 79/10, VersR 2011, 547 Rn 7 und v. 15.11.2011 – VI ZR 30/11, VersR 2012, 75 Rn 5).

[7] 2. Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs ist – wovon das BG im Ansatz zutreffend ausgeht – in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur – wie hier – mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen (vgl. Senatsurt. v. 8.2.2011 – VI ZR 79/10, a.a.O.). In einem solchen Fall, in dem das Kfz nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grds. nur Ersatz der für die Beschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs erforderlichen Kosten, also den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts, verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (vgl. Senatsurt. v. 15.10.1991 – VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378 ff.; v. 10.7.2007 – VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn 6 und v. 8.2.2011 – VI ZR 79/10, a.a.O. Rn 6).

[8] 3. Entgegen der Auffassung des BG hat das vorgerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten im Rahmen der Schadensschätzung, die sich grds. an den Preisen der markengebundenen Fachwerkstatt zu orientieren hat, jedoch keine absolute Bedeutung für die Frage, welche Reparaturkosten tatsächlich i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ersatzfähig sind. Dementsprechend hat der erkennende Senat entschieden, dass jedenfalls in Fällen, in denen die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130 %-Grenze liegen, es dem Geschädigten aber – auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen – gelungen ist, eine nach Auffassung des sachverständig beratenen BG fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten unter Berücksichtigung eines merkantilen Minderwerts den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, dem Geschädigten aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden kann (Senatsurt. v. 14.12.2010 – VI ZR 231/09, VersR 2011, 282 Rn 13).

[9] 4. Ob der Geschädigte, wenn es ihm tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze fachgerecht in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, Ersatz von über dem Wiederbeschaffungswert liegenden Reparaturkosten verlangen kann, konnte der Senat bisher offen lassen (vgl. Senatsurt. v. 10.7.2007 – VI ZR 258/06, a.a.O. Rn 7; v. 8.2.2011 – VI ZR 79/10, VersR 2011, 547 Rn 7 ff. und v. 15.11.2011 – VI ZR 30/11, VersR 2012, 75 Rn 6 ff.).

[10] Die Frage bedarf auch im Streitfall keiner Entscheidung. Denn nach den Feststellungen des BG ist die Reparatur im Streitfall bereits nicht vollständig nach den Vorgaben des Sachverständigen S. erfolgt. Zwar stünde die Verwendung altersentsprechender und funktionsfähiger Gebrauchtteile einer vollständigen und fachgerechten Reparatur nach der vorgenannten Senatsrechtsprechung nicht grds. entgegen. Nach den getroffenen Feststellungen ist jedoch der vom Sachverständigen S. vorgesehene Austausch weiterer Zierleisten und des Kniestücks hinten links nicht erfolgt. Insoweit hilft es der Kl. auch nicht, dass nach dem Gutachten des Gerichtssachverständigen C. “keine optischen Mängel’ vorhanden waren. Denn es kommt nicht darauf an, ob die verbliebenen Defizite optisch nicht stören. Vielmehr kommt es im Rahmen der Vergleichsbetrachtung allein auf den erforderlichen, d.h. nach objektiven Kriterien zu beurteilenden und deshalb auch unschwer nachzuprüfenden Reparaturaufwand an (vgl. Senatsurt. v. 10.7.2007 – VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn 10 m.w.N.).“

zfs 1/2016, S. 23 - 25

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