Zu Recht hat das LG einen Anspruch der Kl. gegen die Bekl. aus § 100 VVG, Ziffer 2.6.1 AVB verneint. Dabei ist der gesamte Parteivortrag berücksichtigt worden. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.

1. Der in zweiter Instanz weiterverfolgte Klageantrag ist auf Leistung gerichtet (Gewährung einer Deckungszusage). Der VN kann im Haftpflichtversicherungsrecht jedoch grundsätzlich nur auf Feststellung klagen, dass der VR wegen einer im Einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe (vgl. BGH NJW 1981, 870, 871; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2005, 907). Sich hiernach aufdrängende Zweifel an der Formulierung und Bestimmtheit des Klageantrags stellt der Senat einstweilen zugunsten der Kl. zurück.

2. Zutreffend hat die Vorinstanz ausgeführt, dass die Voraussetzungen der Gewährung von Versicherungsschutz bislang nicht eingetreten sind.

a) Nach den im Streitfall maßgeblichen vertraglichen Grundlagen besteht Versicherungsschutz für die Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche und für die Freistellung der Kl. von berechtigten Schadensersatzverpflichtungen (Ziffer 2.6.1 AVB). Dieser Rechtsschutz- und Abwehranspruch entsteht nicht schon mit dem Versicherungsfall, sondern erst mit der Erhebung von Schadensersatzansprüchen wegen des Versicherungsfalls durch einen Dritten. Vorausgesetzt wird als Bedingung der Leistungspflicht also die konkrete Inanspruchnahme auf Schadensersatz (Ziffer 2.1 AVB), welcher – wie die Klausel in Ziffer 2.6.1 AVB verdeutlicht – auf die Zahlung einer Entschädigung an den anspruchstellenden Dritten gerichtet sein muss (vgl. hierzu auch BGH NJW-RR 2004, 1261, 1262 unter II. 1. b).

Wie das LG rechtsfehlerfrei festgestellt hat, macht die Stadt N. derzeit weder aus dem mit der Kl. im März 2014 geschlossenen ursprünglichen Werkvertrag noch aus einem etwaigen im Sommer 2019 geschlossenen gesonderten Vertrag über die Desinfizierung der Anlage – was ebenfalls einem Werkvertrag entspräche (§§ 631 ff. BGB) – einen Schadensersatzanspruch geltend. Sie verlangt vielmehr Nacherfüllung durch Beseitigung der festgestellten Mängel (§§ 634 Nr. 1, 635 Abs. 1 BGB).

Nichts anderes folgt aus dem Antrag der Stadt N. auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens vom 15.12.2021, der sich u.a. gegen die hiesige Kl. richtet und beim LGN-Fürth eingereicht worden ist.

Der Senat hat sich durch informatorische Einsicht in die elektronisch geführte Verfahrensakte des LG Kenntnis vom gesamten Inhalt der genannten Antragsschrift verschafft; die von der Berufungsführerin beantragte förmliche Beiziehung dieser Akte war daher nicht erforderlich. Darin moniert die antragstellende Stadt N. insbesondere, dass die von der Kl. eingebaute Befeuchtungsanlage einen dauerhaften hygienischen Betrieb nicht gewährleiste, nicht dem angebotenen Fabrikat entspreche und Bauteile nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet seien. Das stellt nichts anderes als die Behauptung eines Sachmangels i.S.v. § 633 BGB dar, wie sich auch aus der in der Antragsschrift zu III. 2. formulierten Beweisfrage ergibt. Von einem möglichen Schadensersatzanspruch gegen die Kl., d.h. dem ernsthaften Fordern einer Schadensersatzleistung (vgl. 2003, 2376), ist dort nicht die Rede. Auch der Gesamtschau der Antragsschrift durfte die Kl. keinen eindeutigen Hinweis darauf entnehmen, dass das Verfahren nur der Feststellung der Schadenshöhe dient und die Antragstellerin letztlich Schadensersatzansprüche gegen die Kl. geltend machen wird (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1261, 1262; OLG Celle, BeckRS 2016, 118598 Rn 59). Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem unter Ziffer 3.4 der Berufungsbegründung dargestellten Antrag II. 8. des selbstständigen Beweisverfahrens. Letztlich entspricht dieser Antrag der Rüge der Vertragspartnerin im Schreiben vom 22.4.2021, in dem insoweit auf die fehlende Beständigkeit der Schläuche gegen das verwendete Desinfektionsmittel abgestellt wird, nicht aber auf eine davon zu unterscheidende Beschädigung eines mangelfreien Werks durch eine gegebenenfalls fehlerhafte Desinfektion.

Dass sich der Sachverhalt im weiteren Verlauf des selbstständigen Beweisverfahrens anders darstellen kann (vgl. zu einem solchen Fall OLG Köln, r+s 1998, 323), ist hier nicht von Bedeutung.

Die Vertragspartnerin macht demnach gegenwärtig ihr unmittelbares Interesse am eigentlichen Leistungsgegenstand geltend. Es kommt insoweit nicht darauf an, dass nach Auffassung der Kl., die eine mangelfreie Erfüllung des ursprünglichen Werkvertrags behauptet, lediglich ein Anspruch der Vertragspartnerin auf Schadensersatz wegen der späteren Desinfektion der Leitungen in Betracht zu ziehen sei. Der bislang relevante Erfüllungsbereich des Werkvertrages sowie damit verbundene Vermögenseinbußen des VN gehören nicht zum Schadensersatzanspruch im Sinne der Risikobeschreibung. Für alle Aufwendungen, die die Erfüllung dessen betreffen, wozu der VN sich vertraglich verpflichtet hat, genießt er keinen Versicherungsschutz.

In diese...

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