Dass die Kl. gegen die Bekl. dem Grunde nach Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für Heilbehandlungen ihres Ehemannes gemäß §§ 1 und 4 Abs. 6 MB/KK 2009 hat, ist außer Streit. Nach § 1 Abs. 1 a), Abs. 2 S. 1 MB/KK hat die Kl. grundsätzlich einen Anspruch auf Versicherungsschutz in Form des Ersatzes von Aufwendungen für eine Heilbehandlung, wenn diese medizinisch notwendig ist. Die streitgegenständliche ärztliche Behandlung wurde auch unstreitig wegen einer Krankheit im Sinne dieser Klausel durchgeführt.

Auch die weiteren Voraussetzungen der Eintrittspflicht liegen vor. Der Senat stützt dieses Ergebnis in tatsächlicher Hinsicht auf die Feststellungen des Sachverständigen B. Dessen Ausführungen waren in jeder Hinsicht ergiebig zur Beantwortung der zu stellenden Beweisfragen. Sie beruhten auf vollständiger Auswertung der Verfahrensakte und waren schlüssig, nachvollziehbar und ohne erkennbare Widersprüche. Einwände gegen das Gutachtenergebnis haben die Parteien nach Abschluss der Begutachtung durch Anhörung des Sachverständigen auch nicht vorgebracht.

Hieraus ergibt sich in rechtlicher Hinsicht, dass es sich bei der Behandlung mit dendritischen Zellen um eine Heilbehandlung i.S. § 1 Abs. 2 MB/KK 2009 handelt. Der Begriff der "Heilbehandlung" ist nach der Rspr des BGH aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht so zu verstehen, dass der Versicherungsfall nur die auf Heilung abzielende Behandlung ist. Der Inbegriff der Heilbehandlung ist nicht nur von den Resultaten, sondern auch von dem Zweck ärztlichen Handelns her zu bestimmen (vgl. Bach/Moser/Kalis, 5. Aufl. 2015, MB/KK § 1 Rn 75).

Als Heilbehandlung ist daher jegliche ärztliche Tätigkeit anzusehen die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt und auf Heilung, Besserung oder auch Linderung der Krankheit abzielt. Dem ist eine ärztliche Tätigkeit gleich zu achten, die auf eine Verhinderung der Verschlimmerung einer Krankheit gerichtet ist.

Die streitgegenständlichen ärztlichen Leistungen zielten unstreitig jedenfalls darauf ab, die Symptome der Krebserkrankung zu lindern und den Gesundheitszustand des Ehemanns der Kl. zu stabilisieren, also einer Verschlimmerung der Erkrankung entgegenzuwirken (vgl. BGH, VersR 1996. 1224).

Aufgrund ihrer spezifischen Wirkweise ist die dendritische Zelltherapie auf die Zerstörung von Tumorzellen ausgerichtet und stellt somit eine Heilbehandlung dar. Der gerichtliche Sachverständige B hat dazu ausgeführt, dass das theoretische Konstrukt der Therapie mit dendritischen Zellen darin bestehe, dass diese Proteine aus dem extrazellulären Raum aufnähmen und sie an bestimmte Trägerproteine bänden. Dies nenne man dann ein sogenanntes Antigen, das sich an der Zelloberfläche befinde. Die T-Lymphozyten kontrollierten die extrazellulär aufgenommenen Proteine der dendritischen Zellen und zerstörten sie bei Auffälligkeiten. Insofern werde das Immunsystem angeregt, auch weitere spezifische Antikörper gegen die Proteinfragmente herzustellen. Tumorzellen exprimierten spezifische Proteine. Die aus dem Blut des Patienten gewonnenen dendritischen Zellen würden sodann mit diesen Proteinen beladen und lösten bei den T-Lymphozyten dann entsprechende Immunreaktionen aus. Es handele sich um eine spezifische Reduktion der Tumorzellen durch gezielte immunogene Zerstörung.

Vergleichbares gilt für die in Kombination mit den dendritischen Zellen begleitend durchgeführte onkolytische Virus-Therapie mit dem mit Gemcitabin. Die Hyperthermie-Behandlung, die zur Verstärkung der Immunabwehr eingesetzt wird, ist nach den Ausführungen des Sachverständigen ohnehin schulmedizinisch anerkannt und wird auch bei schulmedizinischer Chemotherapie angewandt.

Diese Heilbehandlungen waren vorliegend medizinisch notwendig i.S. § 1 Abs. 2 MB/KK 2009. Bei einer lebenszerstörenden, unheilbaren Erkrankung kann nicht mehr darauf abgestellt werden, ob sich die gewünschte Behandlung zur Erreichung des vorgegebenen Behandlungsziels tatsächlich eignet. Die objektive Vertretbarkeit der Behandlung ist bereits dann zu bejahen, wenn sie nach medizinischen Erkenntnissen im Zeitpunkt ihrer Vornahme als wahrscheinlich geeignet angesehen werden konnte, auf eine Verhinderung der Verschlimmerung der Erkrankung oder zumindest auf ihre Verlangsamung hinzuwirken, Dabei ist nicht einmal zu fordern, dass der Behandlungserfolg näherliegt als sein Ausbleiben. Vielmehr reicht es aus, wenn die Behandlung mit nicht nur ganz geringer Erfolgsaussicht die Erreichung des Behandlungsziels als möglich erscheinen lässt. Erforderlich ist insoweit nur ein nach medizinischen Erkenntnissen nachvollziehbarer Ansatz, der die prognostizierte Wirkweise auf das angestrebte Behandlungsziel erklären kann (vgl. BGH VersR 2013, 1558 Rn 17).

Eine hinreichende wissenschaftliche Evidenz für die Effektivität ist nicht erforderlich, sodass es auf die entsprechende negative Feststellung der wissenschaf...

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