"… Die Kl. hat gegen die Bekl. nach § 1 Abs. 1 S. 1 VVG keinen Anspruch auf die von ihr beanspruchte Versicherungsleistung, weil unter Zugrundelegung ihres Sachvortrags der vereinbarte Versicherungsfall nicht eingetreten ist. Wie das LG zu Recht erkannt hat, hat sich im Abhandenkommen der von der Kl. aufgeführten Gegenstände infolge des behaupteten Einbruchs in den im Freien abgestellten VW-Bus keine versicherte Gefahr verwirklicht."

1. Im Streitfall liegt auch dann kein Einbruchdiebstahl i.S.v. § 3 Nr. 3 Var. 1 VHB 84 vor, wenn man unterstellt, dass der geparkte VW-Bus in der Via N. in Rom aufgebrochen und anschließend nebst Inhalt entwendet wurde.

a) Ein Einbruchdiebstahl i.S.d. einschlägigen Bedingungen setzt nach Maßgabe von § 5 Nr. 1 VHB 84 voraus, dass der Dieb – jedenfalls außerhalb des Anwendungsbereichs des hier nicht einschlägigen § 5 Nr. 1 Buchst. c VHB 84 – in den Raum eines Gebäudes eindringt und/oder dort eine der näher geregelten Tatbestandsalternativen verwirklicht. Ein im Freien vorübergehend abgestellter VW-Bus stellt kein Gebäude in diesem Sinne dar (…).

b) Ein hiervon abweichendes Verständnis ist entgegen der Auffassung der Berufung im Hinblick auf die höchstrichterliche Rspr. zur Auslegung von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht geboten (vgl. OLG Köln r+s 1991, 426, 427).

AVB sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher VN bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (…).

Einem solchen VN ist bereits die höchstrichterliche Rspr. zur Auslegung des Wohnungsbegriffs des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht bekannt. Selbst wenn dies anders wäre, würde er sich zunächst am Wortlaut der Vorschriften orientieren und dabei feststellen, dass in § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB von “Wohnung' die Rede ist, während die hier in Betracht kommenden Tatbestandsalternativen von § 5 Nr. 1 VHB 84 “den Raum eines Gebäudes' voraussetzen. Angesichts dieses Unterschieds wird auch der juristisch nicht vorgebildete VN nicht davon ausgehen, dass beide Regelungen von den gleichen Anforderungen in räumlicher Hinsicht ausgehen. Vielmehr wird er annehmen, dass beide Begriffe nicht deckungsgleich sind, weil unter Zugrundelegung des allgemeinen Begriffsverständnisses einerseits eine Wohnung nicht zwingend in einem Gebäude belegen sein muss und andererseits ein Raum eines Gebäudes auch dann vorliegt, wenn es an einer Wohnnutzung fehlt.

c) Anders als die Berufung meint, ist die Klausel auch nicht überraschend i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB. Vielmehr findet sie sich in unmittelbarem örtlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Beschreibung der übrigen versicherten Gefahren zu Beginn der Versicherungsbedingungen.

Ohne Belang ist insofern der Internetauftritt der Bekl. Die dort enthaltene allgemeine Beschreibung des angebotenen Versicherungsschutzes wird ein verständiger VN mangels abweichender Hinweise nur auf neu abzuschließende oder erst kürzlich abgeschlossene Verträge, nicht aber auf solche beziehen, die – wie im Streitfall – bereits vor mehr als zwanzig Jahren zu alten Bedingungen abgeschlossen worden sind.

2. Nichts anderes folgt aus der Regelung über die Außenversicherung in § 12 Nr. 1 VHB 84. Denn diese modifiziert – wie das LG richtig erkannt hat – nur die vertraglichen Bestimmungen hinsichtlich des Versicherungsorts nach § 10 VHB 84, nicht aber der versicherten Risiken nach § 3 AHB 84 (OLG Stuttgart r+s 2013, 389, 390).

a) Das ergibt die Auslegung der Klausel aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen VN.

Zwar weist die Berufung zutreffend darauf hin, dass der Wortlaut der Regelung nicht ausdrücklich auf § 3 VHB 84 Bezug nimmt, sondern lediglich den Versicherungsschutz für versicherte Sachen in örtlicher Hinsicht auf das Gebiet Europas im geographischen Sinn erstreckt, solange sie sich vorübergehend außerhalb der Wohnung des VN befinden. Daraus könnte bei oberflächlicher Betrachtung der Eindruck entstehen, dass es im Falle der Einschlägigkeit der Klausel für den Eintritt des Versicherungsfalls gleichgültig sei, ob sich die versicherte Sache bei Schadenseintritt innerhalb oder außerhalb eines Gebäudes befindet.

Der durchschnittliche VN belässt es aber nicht bei der reinen Wortlautausdeutung. Vielmehr stellt er sich die naheliegende Frage, unter welchen Voraussetzungen er Entschädigung für versicherte Sachen verlangen kann, die durch § 12 Nr. 1 VHB 84 erfasst werden. Auf diese Weise gerät er wieder zur detaillierten Regelung über die versicherten Gefahren und Schäden in den §§ 3 ff. VHB 84 (…). Demgegenüber wird er, anders als die Berufung meint, bei verständiger Würdigung der Bedingungen nicht annehmen, dass der VR abweichend von den §§ 3 ff. VHB 84 für jedweden Schaden an einem versicherten Gegenstand einstehen will, falls sich dieser i.S.d. § 12 Nr. 1 VHB 84 vorübergehend außerhalb der Wohnung des VN befunden hat (ähnlich...

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