Die Rechtsfolgen eines im Jahr 2009 erklärten Rücktritts des Versicherers von einem im Jahr 2007 geschlossenen Versicherungsvertrag richten sich nach dem VVG 2008. Der Kläger hatte bei Abschluss eines Krankheitskosten-Versicherungsvertrags über einen Makler mehrere Vorerkrankungen angegeben, die zur Vereinbarung von Risikozuschlägen führten. Nicht genannt hatte er bereits vorvertraglich bestehende erhöhte Blutzucker- und Cholesterinwerte. Das Gericht führt aus, dass gem. Art. 1 EGVVG § 19 Abs. 2 VVG 2008 Anwendung findet, weil es um die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung gehe. Der Rücktritt sei unwirksam, weil es an dem gem. § 19 Abs. 3 VVG für den Rücktritt erforderlichen schweren Verschulden des Klägers fehle.[27]

Die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung richten sich nach altem Recht, wenn in einem vor dem 1.1.2008 geschlossenen Versicherungsvertrag der Versicherungsfall bis 31.12.2008 eingetreten ist.[28] Das LG Dortmund verweist auf die amtliche Begründung zu Art. 1 Abs. 1 EGVVG, wonach sich die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung nach dem neuen VVG richten, wenn der Versicherungsfall erst nach dem 31.12.2008 eintritt.

Wenn der Versicherungsfall vor dem 1.1.2008 eingetreten ist, gilt das alte VVG, § 215 VVG 2000 (Gerichtsstand) ist nicht anwendbar.[29]

Von einer wirksamen Anpassung der Versicherungsbedingungen an das neue VVG gem. Art. 1 Abs. 3 EGVVG ist nicht auszugehen, wenn der Versicherer den Zugang seines Anpassungsschreibens nicht unter Beweis gestellt hat.[30]

Der Versicherer ist für den Zugang der Anpassungsmitteilung beweispflichtig.[31] Ein Informationsschreiben über die neue Gesetzeslage ist keine Vertragsanpassung.[32]

Die im Versicherungsvertrag geregelten Rechtsfolgen bei Obliegenheitsverletzungen sind unwirksam, wenn der Versicherer von der Möglichkeit der Vertragsanpassung nach Art. 1 Abs. 3 EGVVG keinen Gebrauch gemacht hat. Er kann sich gleichwohl auf grobe Fahrlässigkeit (§ 81 Abs. 2 VVG) und Gefahrerhöhung (§§ 23 ff. VVG) berufen.[33]

[27] LG Köln – 23 O 154/09 –, VersR 2010, 199.
[28] LG Dortmund, 2 S 27/09, VersR 2010, 515.
[30] OLG Köln, 9 U 64/10, r+s 2011, 210.
[32] OLG Hamm, 20 U 64/11, zfs 2012, 328 = VersR 2012, 1246.

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