Aus den Gründen: „ … Die Klage ist unbegründet, da sich die Beklagte zu Recht auf eine mindestens hälftige Leistungsfreiheit gem. der Ziffer A 2.17.2 der AKB 2008 der Beklagten beruft, der seinem Inhalt nach § 81 Abs. 2 VVG n.F. entspricht … Die Voraussetzungen für die Anspruchskürzung liegen vor. Die Klägerin hat den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt. Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin trotz einer für sie rot anzeigenden Lichtzeichenanlage in den Kreuzungsbereich eingefahren ist und dadurch den Verkehrsunfall verursacht hat.

Ausweislich der Aussage des Zeugen B … sprang unmittelbar nach dem Unfall die Fahrradampel der A-Allee in Richtung N-straße auf Grün. Vor dem Hintergrund, dass vor dem Umspringen dieser Ampel auf Grün der Gegenverkehr der N-straße in Richtung A-Allee schon mindestens 7 Sekunden lang Grünlicht hatte, was auch der Zeuge I bestätigt hat, steht fest, dass der diese Straßenachse kreuzende Verkehr bereits Rotlicht hatte. Da die Klägerin diese kreuzende Straße befuhr, steht fest, dass die Ampel für sie bereits mehrere Sekunden lang Rotlicht angezeigt haben muss …

Die Kammer ist zudem der Auffassung, dass darin nicht nur ein besonders schwer wiegender objektiver Pflichtverstoß zu sehen ist, sondern dass die Klägerin auch grob fahrlässig handelte, da sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dabei unbeachtet gelassen hat, was ihr in dieser Situation hätte einleuchten müssen.

Angesichts der Vielzahl der zu verarbeitenden Eindrücke und Informationen unterlaufen jedem Kraftfahrer Fehler. Auch bei einem besonders sorgfältigen und aufmerksamen Kraftfahrer wird es gelegentlich vorkommen, dass er Verkehrseinrichtungen übersieht und/oder Verkehrsvorschriften übertritt. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Kraftfahrers sind jedoch unterschiedlich hoch. Sie hängen von der jeweiligen Verkehrssituation und von der Art der im Einzelfall zu beachtenden Verkehrsvorschriften ab. Zu den Verkehrseinrichtungen, die jeder Kraftfahrer mit besonderer Sorgfalt zu beachten hat, gehören die Verkehrssignalanlagen. Das Überfahren einer Kreuzung birgt hohe Gefahren, insbesondere wenn sie für einen Verkehrsteilnehmer durch rotes Ampellicht gesperrt ist. Deshalb sind auch besonders hohe Anforderungen an den Verkehrsteilnehmer zu stellen. Zwar gibt es keinen allgemeinen Grundsatz, nach der die Missachtung eines roten Ampellichts stets grob fahrlässig ist. Gleichwohl ist das Überfahren einer roten Ampel in aller Regel objektiv als grob fährlässig zu bewerten (vgl. BGH VersR 2003, 364 m.w.N.). Von einem durchschnittlich sorgfältigen Kraftfahrer kann und muss erwartet werden, dass er an einer Kreuzung konzentriert die Ampelschaltung an einer Verkehrssignalanlage wahrnimmt und beachtet (vgl. OLG Hamm NZV 2005, 95; BGHZ 119, 147).

Ob das Verhalten des Kraftfahrers auch subjektiv als unentschuldbar angesehen werden muss, hängt von den jeweiligen Umständen im Einzelfall ab. Dabei kann vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen werden (vgl. BGHZ 119, 147). Hier liegt auch in subjektiver Hinsicht ein unentschuldbares – das gewöhnliche Maß erheblich übersteigendes – Fehlverhalten vor, das die Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit erfüllt. Nur in Ausnahmefällen und bei Vorliegen besonderer Umstände sind vor diesem Hintergrund die objektiven oder ggf. die subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit zu verneinen. Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Annahme eines Ausnahmefalles hier gerechtfertigt wäre, sind nicht ersichtlich.

Insbesondere kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, sie habe auf Grund der Sonnenblendung einen falschen Eindruck von dem Licht der Ampel erhalten. Die Klägerin fuhr ausweislich der Verkehrsunfallskizze aus der OWi-Akte in westliche Richtung. Zu der Tageszeit des Verkehrsunfalls könnte das Sonnenlicht von vorne links eingefallen sein. Möglicherweise hätte dies zwar dazu führen können, dass die Klägerin geblendet wurde, nicht jedoch dazu, dass ein sog. "Phantomgrün" erschien. Dies ist technisch unter diesen Voraussetzungen nicht möglich. Wenn hingegen die Klägerin – was sie jedenfalls in den Schriftsätzen anzudeuten scheint – durch Sonnenblendung die Ampel nicht hätte richtig erkennen können, wäre es gleichwohl als grob fahrlässig einzustufen, wenn sie sich auf ihre subjektive Einschätzung verlassend in den Kreuzungsbereich einfährt. Wenn sich ein Fahrer auf Grund einer Sonnenblendung nicht ganz sicher ist, welche Farbe die Lichtzeichenanlage anzeigt, darf er unter keinen Umständen einfach in den Kreuzungsbereich einfahren, sondern muss entweder sicherstellen, dass er die richtige Farbe ermitteln kann oder – wenn dies unmöglich ist – sich langsam in den Kreuzungsbereich herein tasten und dabei jegliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vermeiden. Dies hat die Klägerin vorliegen...

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