Aus den Gründen: „ … II. Der zur Entscheidung gestellte Antrag hat keinen Erfolg, denn die Antragstellerin begehrt der Sache nach die Vorwegnahme der Hauptsache, ohne dass die erforderlichen besonderen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.

Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht durch einstweilige Anordnung den vorläufigen Zustand in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis regeln, wenn dies zur Vermeidung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus sonstigen Gründen nötig erscheint. Entsprechend dem Zweck einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen bzw. darf dem jeweiligen Antragsteller dadurch nicht bereits in vollem Umfang dasjenige gewähren, was er im Falle seines Obsiegens in der Hauptsache erreichen könnte. Eine in diesem Sinne grundsätzlich verbotene Vorwegnahme der Hauptsache liegt jedenfalls dann vor, wenn die Entscheidung und ihre Folgen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nach der Hauptsacheentscheidung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten (vgl. Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 15. Aufl. 2007, § 123 Rn 13 ff.).

Ein solcher Fall ist hier gegeben, denn die auch nur vorläufige Erteilung der begehrten Fahrerlaubnis an die Antragstellerin würde, sofern die Bedenken an ihrer Kraftfahreignung sich im Nachhinein (im Hauptsacheverfahren) als gerechtfertigt herausstellten, durch deren zwischenzeitliche Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit Kraftfahrzeugen zu einer Gefährdung von Rechtsgütern anderer Verkehrsteilnehmer führen, deren eventuelle Folgen (Schäden) nicht rückgängig gemacht werden könnten. In Einklang hiermit sieht das Fahrerlaubnisrecht bei Bedenken gegen die Kraftfahreignung keine materiell-rechtliche Grundlage für die vorläufige Erteilung einer Fahrerlaubnis vor. Vielmehr muss die uneingeschränkte oder zumindest bedingte Eignung feststehen, bevor die Fahrerlaubnis – vorbehaltlich weiterer Erfordernisse – uneingeschränkt bzw. mit Beschränkungen oder Auflagen erteilt wird (§ 2 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 StVG).

Eine Ausnahme vom somit hier geltenden Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache ist allerdings möglich, wenn auf andere Weise kein effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) gewährleistet werden kann. Dies ist für die Fälle anerkannt, in welchen die andernfalls für den Antragsteller zu erwartenden Nachteile unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht (mehr) zu beseitigen wären und überdies ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (vgl. Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 15. Aufl. 2007, § 123 Rn 14 sowie den Beschluss des OVG des Saarlandes vom 7.11.1996, 9 W 29/96, zfs 1997, 117, zitiert nach juris).

Angesichts der oben dargestellten, zur Gewährleistung der Sicherheit des Straßenverkehrs gebotenen materiellen-rechtlichen Vorgaben des Fahrerlaubnisrechts ist im Hinblick auf die Erfolgsaussicht in der Hauptsache darüber hinaus zu fordern, dass zumindest hinsichtlich der Beurteilung der Kraftfahreignung eine andere als die mit der einstweiligen Anordnung vorläufig erstrebte Entscheidung auch in der Hauptsache ausgeschlossen erscheint bzw. diesbezüglich eine an Sicherheit grenzende Aussicht auf Erfolg besteht (in diesem Sinne die Kammer bereits in ihrem Beschl. v. 6.6.2007, 10 L 480/07).

Im Falle der Antragstellerin kann bereits nicht festgestellt werden, dass die von ihr begehrte einstweilige Anordnung zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich ist, um effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) zu gewährleisten, denn ihr andernfalls drohende unzumutbare Nachteile sind nicht zu erkennen. Dazu muss zunächst gesehen werden, dass nach dem Vortrag der Antragsgegnerin zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht feststeht, ob von der Antragstellerin eine MPU gefordert wird und mit welchem Ergebnis über ihren Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis für die Klassen B und BE entschieden wird. Mit anderen Worten erscheint es derzeit möglich, dass die Antragsgegnerin nach Überprüfung des Sachverhalts die begehrte Fahrerlaubnis auch ohne Anforderung einer MPU erteilt. Jedenfalls wird die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer diesbezüglichen Überprüfung des der strafrechtlichen Verurteilung der Antragstellerin zugrunde liegenden Sachverhalts, wie er sich aus den Akten des betreffenden Strafverfahrens ergibt, die Rspr. des OVG des Saarlandes in dessen Beschl. v. 27.7.2006 (Az.: 1 W 33/06) zu berücksichtigen haben; danach hat in Fällen der vorliegenden Art, speziell bei einem nur einmaligen Fehlverhalten, eine eingehende Einzelfallprüfung unter Beachtung der vom OVG herausgearbeiteten Gesichtspunkte zu erfolgen und ist die Anordnung zur Beibringung eines MPU-Gutachtens dann entsprechend zu begründen. Kann die Antragstellerin somit nach derzeitiger Erkenntnis lediglich – wie geschehen – geltend machen, dass sie weiterhin bzw. bis auf weiteres zur Bewältigung ihres Arbeitsweges auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen und dies mit Erschwernissen bzw. einem großen Zeitaufwand verbunden ist. Darin vermag...

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