OWiG § 33 § 51

Leitsatz

Zustellung des Bußgeldbescheides an ein Rechtsanwaltsbüro ("Rechtsanwaltsbüro N, H, M") unterbricht nicht die Verjährung gem. § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG, wenn sich lediglich ein in diesem Büro tätiger Rechtsanwalt zum Verteidiger bestellt hat.

(Leitsatz der Schriftleitung)

AG Lippstadt, Urt. v. 20.8.2008 – 9 OWi-361 Js 422/08 OWi-151/08

Sachverhalt

Mit Bußgeldbescheid vom 3.1.2008 ist der Betroffenen vorgeworfen worden, am 6.11.2007 um 07.35 Uhr in L eine Ordnungswidrigkeit gem. § 24 StVG begangen zu haben. Im Einzelnen wird sie als Verantwortliche wegen Missachtung eines Rotlichts einer Lichtzeichenanlage gem. §§ 37 Abs. 2, 49 Abs. 3 Ziff. 2 StVO beschuldigt.

Das AG stellt das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses ein.

Aus den Gründen

“ … Bezüglich dieser vorgeworfenen Verkehrsordnungswidrigkeit ist Verjährung eingetreten. Der Bußgeldbescheid vom 03.1.2008 hat die Verjährung nicht unterbrochen, weil es dafür an der erforderlichen wirksamen Zustellung i.S.d. § 33 Abs. 1 Ziff. 9 OWiG fehlt. Laut Zustellungsurkunde ist der Bescheid an das “Rechtsanwaltsbüro N, H, M’ am 07.1.2008 zugestellt worden.

Zustellung ist die Bekanntgabe eines Schriftstückes an eine Person in einer gesetzlich bestimmten Form. Im Falle der Zustellung eines Bußgeldbescheides gilt § 51 OWiG i.V.m. dem Verwaltungszustellungsgesetz.

Zustellungsadressat ist danach grundsätzlich der Betroffene selbst, § 51 Abs. 2 OWiG. Nach § 51 Abs. 3 OWiG kann auch an den Verteidiger zugestellt werden, dessen Vollmacht sich in den Akten befindet. Mit Schreiben vom 29.11.2007 an den Kreis Soest hat sich Herr Rechtsanwalt B als Verteidiger bestellt. Zugleich legte er eine Vollmacht vor. Diese Vollmacht benennt außer Herrn Rechtsanwalt B die Kollegen aus der Kanzlei Herrn Rechtsanwalt Dr. jur. M H und Herrn Rechtsanwalt D M. Damit umfasst sie auch die Bevollmächtigung des Rechtsanwalts B.

Zugestellt werden konnte dennoch nur an Herrn Rechtsanwalt B als Verteidiger, nicht jedoch an die Kanzlei als solche. Nur dieser Rechtsanwalt hat sich zum Verteidiger bestellt und nicht die in der Strafprozessvollmacht aufgeführten Kollegen der Kanzlei. Die Vollmachtsurkunde allein begründet noch nicht die Verteidigereigenschaft der darin bezeichneten Rechtsanwälte. Sie gibt nur Aufschluss darüber, wem der Betroffene die Übernahme der Verteidigung angetragen hat, enthält also eine einseitige Erklärung über die getroffene Verteidigerwahl. Zur Begründung der Verteidigerstellung ist weiterhin erforderlich, dass der gewählte Anwalt die Wahl zum Verteidiger auch annimmt, was üblicherweise darin zum Ausdruck kommt, dass der Anwalt sich im Verfahren entweder durch ausdrückliche Erklärung oder durch schlüssiges Verhalten zum Verteidiger des Betroffenen bestellt. Erst dadurch übernimmt er die ihm zugedachte Rolle des Verteidigers einschließlich der damit verbundenen Rechte und Pflichten. Im vorliegenden Verfahren hat mit Schreiben vom 29.11.2007 nur Rechtsanwalt B durch ausdrückliche Selbstbezeichnung als Verteidiger die Wahl angenommen, so dass an ihn hätte zugestellt werden müssen.

Die Vorschrift des § 51 Abs. 3 OWiG begründet eine gesetzliche Zustellungsvollmacht – unabhängig vom Willen des Betroffenen. Hat der Betroffene einen Verteidiger, ist die Zustellung an einen sonstigen Bevollmächtigten ausgeschlossen.

Ausweislich der Zustellungsurkunde wurde der Bußgeldbescheid an das “Rechtsanwaltsbüro N, H, M’ zugestellt, Rechtsanwalt B taucht als Zustellungsadressat auf der Urkunde nicht auf. Damit ist an Rechtsanwalt B nicht ordnungsgemäß zugestellt worden.

Die fehlende Zustellung führt zwar nicht zur Unwirksamkeit des Bußgeldbescheides als solchen. Sie verhindert aber die Verlängerung der Verjährung von drei auf sechs Monate i.S.v. § 26 Abs. 3 StVG.

Somit ist die Verfolgungsverjährung im vorliegenden Fall nach drei Monaten am 06.2.2008 eingetreten. Die nächste Unterbrechungshandlung, nämlich der Eingang der Akten beim AG Lippstadt gem. § 33 Abs. 1 Ziff. 10 OWiG, erfolgte erst am 15.4.2008 und damit zu spät.

Daher war das Verfahren wegen eingetretener Verfolgungsverjährung gem. § 260 Abs. 3 StPO i.V.m. § 46 OWiG wegen Bestehen eines Verfahrenshindernisses einzustellen. … .“

Mitgeteilt von RA Gregor H. Burmann, Lippstadt

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