Wie war der Aufschrei groß, als eine drastische Herabsetzung der Schwelle für das Fahrverbot bei Geschwindigkeitsverstößen "quasi über Nacht" im Frühjahr 2020 Eingang in die BKatV bzw. das StVG gefunden hat. Man sprach von einer Gängelung der Autofahrer und die Frage nach der Verhältnismäßigkeit wurde aufgeworfen. Andererseits wurden die Regelungen als Erfolg für die Verkehrssicherheit gepriesen. Ob diese Regelungen tauglich gewesen wären, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, braucht an dieser Stelle nicht diskutiert zu werden, hat es doch das Bundesverkehrsministerium "geschafft", aufgrund eines Verstoßes gegen das Zitiergebot dafür zu sorgen, dass Teile der Änderungen unwirksam waren.

Es musste also nachgebessert werden. So wurden nunmehr die Geldbußen teils erheblich erhöht, was auch dazu führt, dass auch Geschwindigkeitsverstöße, die bisher im Verwarngeldbereich lagen, nunmehr punktebewehrt sind. Beim Fahrverbot und dessen Anordnung bei Geschwindigkeitsverstößen ist aber alles beim alten geblieben.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer bezeichnet den Kompromiss als "sehr fair" und als "riesen Durchbruch". Aber sind die neuen Regelungen tatsächlich der große Wurf?

Es mag im Rahmen der Verhältnismäßigkeit gute Gründe geben, dass man an der unwirksamen Regelung nicht festgehalten hat. Aber eine Erhöhung der Geldbußen allein wird nicht zu mehr Verkehrssicherheit beitragen. Denn auch die neuen Bußgeldsätze bewegen sich noch nicht in Bereichen, die die meisten Autofahrer von einem zu schnellen Fahren abschrecken werden. Auch besondere Regelungen für Gefahrenstellen (Schulen, Kindergärten, Baustellen) waren zwar angedacht, wurden aber verworfen.

Meines Erachtens wäre im Hinblick auf die Verhängung von Fahrverboten ein anderer Ansatz wünschenswert. Bisher hängt die Verhängung eines Fahrverbots bei Geschwindigkeitsverstößen davon ab, ob der Verstoß innerorts oder außerorts begangen wird, in der Folge dann an der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung selbst. Dass diese Unterscheidung wenig sachgerecht ist, mögen die nachstehenden Ausführungen verdeutlichen.

Innerorts wird ein Fahrverbot erst ab einer Überschreitung von 31 km/h verhängt. Autofahrer "dürften" daher in einer "Zone 30" mehr als doppelt so schnell als zulässig fahren, ehe ein Fahrverbot droht. Dies gilt umso mehr noch in einer "Zone 20" oder in einem verkehrsberuhigten Bereich. Reduzierte Geschwindigkeiten findet man aber überwiegend in Bereichen, wo besondere Gefahrenlagen (Schulen, Wohngebiete usw.) bestehen. Man findet aber auch innerorts Straßen, wo deutlich höhere Geschwindigkeiten erlaubt sind. In diesen Fällen wäre dann innerorts viel schneller ein Fahrverbot "fällig" als außerorts. Umgekehrt gibt es auch außerorts Gefahrenstellen (Baustellen, Verkehrskontrollen), wo deutlich niedrigere Geschwindigkeiten angeordnet sind. Auch hier droht ein Fahrverbot trotz einer Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit erst ab 41 km/h und mehr.

Es wäre für die Verkehrssicherheit wünschenswert, dass sich die Frage des Fahrverbots nicht an der Unterscheidung innerorts/außerorts orientiert, sondern an der erlaubten Geschwindigkeit. So wäre es durchaus gerechtfertigt, bei Geschwindigkeitsbegrenzungen von 30 km/h und niedriger deutlich früher ein Fahrverbot anzuordnen, da sich dort die Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aufgrund der Gefahrenstellen viel erheblicher auswirkt. Insoweit wäre es dort auch verhältnismäßig, bereits ab einer Überschreitung von 21 km/h ein Fahrverbot anzuordnen.

Für mehr Verkehrssicherheit wäre dieser Ansatz bzgl. der Anordnung von Fahrverboten überlegenswert.

Autor: Dr. Matthias Köck

RA Dr. Matthias Köck, FA für Verkehrsrecht und FA für Arbeitsrecht, Nürnberg

zfs 10/2021, S. 541

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