Seit dem 24.8.2017 ist im Rahmen des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens das Fahrverbot für alle Straftaten als Nebenstrafe eingeführt worden.

§ 44 StGB lautet in Abs. 1 S. 1 jetzt wie folgt:

Zitat

"Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen."

Abs. 1 S. 2:

Zitat

"Auch wenn die Straftat nicht bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, kommt die Anordnung eines Fahrverbots namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann."

Über § 28 Abs. 3 Nr. 2 StVG erfolgt eine Speicherung solcher Entscheidungen der Strafgerichte im Fahreignungsregister.

Das ist aus Sicht der Praxis systemwidrig.

Zunächst besteht im Hinblick auf die Anordnung eines Fahrverbotes eine Wechselwirkung zwischen Haupt- und Nebenstrafe dergestalt, dass beide gemeinsam betrachtet die Tatschuld nicht überschreiten dürfen (BGHSt 29, 58 = NJW 1980, 130). Das tatrichterliche Urteil muss nicht nur erkennen lassen, dass das Gericht eine Wechselwirkung berücksichtigt hat, das Fahrverbot darf auch nur verhängt werden, wenn die Hauptstrafe allein nicht ausreicht.

Bei den Fallgruppen der Straftaten beim Führen von Kfz, der Straftaten im Zusammenhang mit dem Führen von Kfz und bei den Straftaten unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers ist eine Eintragung im Fahreignungsregister nachvollziehbar.

Nach der Neuformulierung des Gesetzes verbleiben zwei Varianten, die problematisch sind:

Verhängung eines Fahrverbotes als spezial- und generalpräventive Sanktionsergänzung oder
durch Verhängung des Fahrverbotes wird die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden

Diese 2 Alternativen bringen es mit sich, dass das Fahrverbot keine Sanktion für Bagatellstraftaten ist, sondern erst im Bereich der leichten bis mittleren Kriminalität zur Anwendung kommen soll (Schöch NStZ 2018, 15).

In der 1. Alt. erfolgt als spezialpräventive Einwirkung das Fahrverbot. Das sind die Fälle einer ungünstigen Legalprognose, die die zusätzliche Verhängung eines Fahrverbotes erfordert. Die Geldstrafe allein hinterlässt womöglich keinen hinreichenden Eindruck, um den Verurteilten von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten, die Verhängung einer Freiheitsstrafe wäre aber eine zu einschneidende Sanktion.

Dass die Verhängung des Fahrverbots zur effektiveren Einwirkung auf den allein durch eine Geldstrafe nicht hinreichend erreichbaren Täter führt, ist insb. in Fällen des § 47 StGB denkbar; beachtliche generalpräventive Nebenwirkungen erreicht man auch bei Tätern, für die das Fahrzeug oder das Motorrad ein Prestigeobjekt sind.

In der 2. Alt. kommen wir zum Täter, bei dem sonst eine Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung oder zur Einwirkung auf den Täter nicht nur verhängt, sondern vielleicht auch vollstreckt werden müsste. Schon bisher ist anerkannt, dass bei der Bemessung der Hauptstrafe die gleichzeitige Verhängung eines Fahrverbotes strafmildernd berücksichtigt werden kann. Das kann sich so auswirken, dass eine sonst nicht mehr aussetzungsfähige Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren soweit reduziert werden kann, dass sie zwei Jahre nicht übersteigt.

Diese Ausführungen zeigen, dass die Strafzumessungserwägungen mit Verkehrssicherheit nichts zu tun haben. Auch hier sollte über eine Gesetzesänderung nachgedacht werden, wonach solche Verstöße nicht im Fahreignungsregister eingetragen werden.

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