Dass das Tatgericht hier trotz Vorsatzannahme des § 3 Abs. 4a BKatV übersieht und die Geldbuße nur erhöht, mag die Betr. verschmerzen. Wichtiger ist jedoch die Frage nach der Anordnung des Fahrverbots. Zitiert wird zutreffend zuerst der BGH, der für den Fall der tatmehrheitlichen Begehung nur die Anordnung eines Fahrverbots erlaubt. Die Regelung des § 20 OWiG für die Geldbuße ist nicht anzuwenden. Allerdings waren die Verfahren beim BGH bzw. dem vorlegenden OLG Hamm zur gemeinsamen Verhandlung verbunden (§ 13 StPO i.V.m. § 3 StPO: Sachgrund war die tatmehrheitliche Begehung) und nicht nur zur gleichzeitigen Verhandlung zusammengeführt worden (§ 237 StPO; dazu Krenberger/Krumm, OWiG, 5. Aufl. 2018, § 71 Rn 41). Dies war hier aber beides nicht der Fall, so dass die Rechtsgrundsätze der BGH-Entscheidung eben auch nicht einfach so auf den vorliegenden Fall übertragen werden durften (vgl. auch Rn 26 der Entscheidung des BGH). Obwohl das Tatgericht hier argumentativ zwischen der BGH-Lösung und § 4 Abs. 4 BKatV hin- und herlaviert, hätte vielmehr eine konkrete Einordnung stattfinden müssen – ohne dass dies der Betr. zum Nachteil gereicht hätte, s.u.

Man mag hier eine tatmehrheitliche Begehung mit einer anderen Tat annehmen. Das sperrt per se die Anordnung des (weiteren) Fahrverbots zunächst nicht. Das Absehen von der Anordnung des (zweiten) Fahrverbots ist allerdings dann denkbar, wenn man die Rechtsgedanken der BGH-Entscheidung in die Abwägung nach § 4 Abs. 4 BKatV einfließen lässt. Als Sonderfall lässt sich das argumentativ durchaus hören, ist aber nicht zu verallgemeinern. Denn der BGH selbst betont in seiner Entscheidung ja auch, dass es gerade nicht vom Zufall abhängt, ob eine gemeinsame Verhandlung in mehreren Bußgeldsachen erfolgt. Wenn aber wie hier doch eine Art von "Zufall" vorliegt (der natürlich keiner ist), so dass die unterschiedliche örtliche Zuständigkeit die Betr. schlechter stellt als wenn sie den Verstoß an identischer Stelle zweimal begangen hätte, dann mag der wertende Vergleich mit der vom BGH entschiedenen Situation im Rahmen des § 4 Abs. 4 BKatV zu akzeptieren sein. Dass dann für diese sehr rasante Verkehrsteilnehmerin nicht einmal die Geldbuße erhöht wird, ist letzten Endes konsequent.

RiAG Dr. Benjamin Krenberger

zfs 10/2018, S. 590 - 592

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge