" … Dem Kl. steht gegen die Bekl. kein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gem. §§ 7, 18, 9 StVG, §§ 823, 249, 253, 254 BGB, § 115 VVG zu."

Den Unfall hat er durch grob fahrlässiges Verhalten allein verschuldet. Ein schuldhaftes Verhalten des Bekl. zu 1 lässt sich nicht feststellen. Die Haftung der Bekl. zu 2 und 3 aus Betriebsgefahr des Fahrzeugs und die Haftung des Bekl. zu 1 für vermutetes Verschulden tritt hinter dem grob schuldhaften Verhalten des Kl. zurück, denn die sorglose Fahrbahnüberquerung des Kl. durch “Hindurchschlängeln' durch den zügig fließenden Fahrzeugverkehr stellt ein besonders grobes Eigenverschulden dar.

a) Der Kl. hat die erforderliche Sorgfalt bei Überqueren der Fahrbahn unter Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO in grober Weise missachtet.

Er hat die Fahrbahn überquert, ohne auf den Fahrzeugverkehr zu achten. Ein Fußgänger darf die Fahrbahn nur dann betreten, wenn er sich zuvor vergewissert hat, dass er keinem Fahrzeug in den Weg tritt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.8.2015 – 1 U 168/15 – zit. n. juris, wie alle im Urteil zitierten Entscheidungen). Der Fußgänger hat vor dem Betreten und Überschreiten der Fahrbahn besondere Vorsicht walten zu lassen (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 26.4.2012 – 6 U 59/12). Die Fahrbahn dient in erster Linie dem Fahrzeugverkehr. Der Fußgänger muss auf diesen achten und auf ihn Rücksicht nehmen und darauf bedacht sein, nicht in die Fahrbahn eines sich nähernden Fahrzeugs zu geraten (OLG Hamm, a.a.O.). Wenn ein Fußgänger sich nicht entsprechend einrichtet, handelt er i.d.R. grob fahrlässig (so OLG Hamm, a.a.O.). Der Kl. hat den Vorrang des Kraftfahrzeugverkehrs nicht beachtet. Er kann sich zwar an den Unfall wegen seiner schweren Verletzungen nicht mehr erinnern. Sein Fehlverhalten steht jedoch aufgrund der Aussage des Zeugen Sc – die das LG für glaubhaft gehalten hat – fest. Der Zeuge Sc hat geschildert, dass der Kl. nach links und rechts geschaut habe. Aus der Blickrichtung des Kl. gesehen seien von links zwei Fahrzeuge gekommen. Das erste Fahrzeug habe der Kl. passieren lassen und habe dann schnell die erste Fahrbahnhälfte überquert, weil schon der nächste Pkw von links gekommen sei. Er sei aber nicht in der Mitte stehengeblieben, sondern weiter über die zweite Fahrbahnhälfte gegangen, obwohl sich von ihm aus gesehen von rechts bereits das von dem Bekl. zu 1 geführte Fahrzeug genähert habe. Hierbei sei er von dem Pkw mit der rechten vorderen Seite erfasst worden, als er noch ca. 1 m vom Fahrbahnrand entfernt war. Die Lichtbilder der Unfallörtlichkeit belegen, dass der Kl. die Fahrbahn von seinem Standpunkt aus nach rechts gut einsehen konnte. Er hätte das mit Abblendlicht herannahende Fahrzeug des Bekl. zu 1. erkennen können. Zum Unfallzeitpunkt war die Fahrbahn trocken, die Witterungsverhältnisse gut und ausweislich des amtlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes herrschte um 6.10 Uhr des Unfalltages die sog. bürgerliche Dämmerung. Diese beginnt bei einer Helligkeit von ca. 3,5 Lux, bei der normale Druckschrift im Freien ohne künstliche Beleuchtung gerade gelesen werden kann und Farben schon erkennbar sind. Zwar war eine Straßenlaterne in der Nähe der Querungsstelle nach den An gaben des Zeugen Sc zum Zeitpunkt des Unfalls eingeschaltet. Gleichwohl musste dem Kl. bewusst sein, dass er mit einer dunklen (schwarz-roten) Jacke ohne Reflektoren unter Berücksichtigung der ggf. bestehenden Sichtbehinderung durch das vorbeigefahrene Fahrzeug für den Fahrer des von rechts kommenden Fahrzeugs in der Dämmerung nur schwer zu erkennen war, als er die Fahrbahn betrat. Der Kl. hätte den Unfall abwenden können, wenn er den Fahrzeugverkehr beachtet hätte.

b) Die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs ist demgegenüber nicht durch ein Verschulden des Bekl. zu 1 an dem Verkehrsunfall erhöht.

Der Bekl. zu 1. fuhr mit der maximal zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h auf der S … aus N kommend in Richtung S. Auch ein Verstoß gegen das Sichtfahrgebot liegt nicht vor. Der Bekl. zu 1 musste seine Fahrgeschwindigkeit nicht so weit reduzieren, dass er auf plötzlich von der anderen Fahrbahnhälfte auf seinen Fahrstreifen tretende Hindernisse hätte reagieren können, denn das Sichtfahrgebot ist grds. auf den eigenen Fahrstreifen beschränkt. Es verpflichtet den Fahrzeugführer gem. § 3 Abs. 1 S. 2, S. 4 StVO, seine Geschwindigkeit den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen anzupassen. Er darf nur so schnell fahren, dass er innerhalb der übersehbaren Strecke halten kann. Eine Herabsetzung der Fahrgeschwindigkeit ist aber nur dann geboten, wenn der Fahrer den Verkehrsablauf nicht vollständig überblicken und deshalb auftretende Hindernisse und Gefahren nicht so rechtzeitig bemerken kann, dass er ihnen mit Sicherheit begegnen kann (vgl. BGH, Urt. v. 23.4.2002 – VI ZR 180/01). Dabei bezieht sich der Begriff der Unübersichtlichkeit nur auf die Fahrbahn, so dass eine Straßenstelle nicht schon dann übersichtlich wird, wenn der Verkehrsablauf in der seitlichen Umgebung d...

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