VVG § 12 a.F. § 15; AHB 1995 § 1 Nr. 1; BGB § 195 § 203 § 204 Abs. 2 S. 3

Leitsatz

1. Die Verjährungsfrist beginnt bei Ansprüchen aus einer Berufshaftpflichtversicherung mit dem Schluss des Jahres, in dem Haftpflichtansprüche gegen den VN geltend gemacht worden sind.

2. Zur Hemmung der Verjährung führende Verhandlungen setzen einen kommunikativen Prozess voraus, der nicht bereits in einem Angebot zu Verhandlungen oder in Vorschlägen zu einem Entgegenkommen beginnt.

3. Die Vorschrift über die Hemmung der Verjährung aufgrund schwebender Verhandlungen ist nicht anwendbar, wenn die Verjährung durch Rechtsverfolgung gehemmt ist. (Leitsätze der Schriftleitung)

KG, Beschl. v. 13.1.2023 – 6 U 191/21

1 Sachverhalt

Der Kl., der bei der Bekl. eine Berufshaftpflichtversicherung als Architekt unterhält, begehrt Deckung, nachdem er von einem Bauherrn am 14.4.2008 wegen mangelhafter Leistungen in Anspruch genommen worden ist. Am 13.5.2009 lehnte die Bekl. die Deckung ab. Nachdem der Kl. am 18.11.2013 eine der Bekl. am 27.1.2014 zugestellte Klage auf Gewährung von Versicherungsschutz erhoben hatte, ordnete das LG am 30.1.2015 im Einvernehmen mit den Parteien das Ruhen des Verfahrens an. Im Folgenden kam es zu einer Korrespondenz der Parteien, in der der Kl. Verhandlungen über den Anspruch sieht. Als sich eine Bereitschaft der Bekl. zur Deckung nicht ergab, beantragte der Kl. die Fortsetzung des Verfahrens. Daraufhin erhob die Bekl. die Einrede der Verjährung. Aus den Gründen: …

2 Aus den Gründen:

Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Bekl. darf wegen des streitgegenständlichen Schadensereignisses die Leistung aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag dauerhaft verweigern, da etwaige Ansprüche des Kl. insoweit verjährt sind. Das Berufungsvorbringen führt zu keiner abweichenden Beurteilung.

a) Das LG hat zutreffend angenommen, dass sich die Bekl. mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen kann, wobei offen bleiben kann, ob die Verjährung sich vorliegend nach § 12 VVG a.F. bzw. § 10 der AHB Stand 1/95 oder nach § 195 BGB richtet. Selbst unter Zugrundelegung der für den Kl. günstigen Annahmen einer dreijährigen Regelverjährung und der endgültigen Leistungsverweigerung durch das Ablehnungsschreiben vom 2.10.2012 war die Verjährung jedenfalls bereits eingetreten, als der Klägervertreter sich mit Schreiben vom 31.3.2020 wieder an den Beklagtenvertreter wandte und erst Recht als er mit seinem Antrag vom 28.10.2020 begehrte, das Verfahren wieder aufzunehmen.

aa) Die Verjährungsfrist beginnt – unabhängig von der Frage, ob vorliegend die für Altfälle geltendende Vorschrift des § 12 VVG a.F. bzw. § 10 der AHB Stand 1/95 oder die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB anzuwenden ist – mit dem Schluss des Jahres der Fälligkeit zu laufen, also erst nachdem der Gläubiger gegen den VN Haftpflichtansprüche ernsthaft geltend gemacht hat (vgl. BGH, BeckRS 1976, 30382982; Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen, VersR-Hdb, 3. Auflage 2015, § 26 Rn 217). Dies war hier der 31.12.2008. Denn der Kl. wurde ausweislich seiner Schadensanzeige vom 17.4.2008 ernstlich, nämlich mit Anwaltsschreiben der Vertreter der Bauherrin des Bauvorhabens S … Straße 6 auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Dies war ihm insoweit auch bewusst, als er die Bekl. hierüber mit seiner Schadensanzeige informierte und in der Folge Deckungsschutz begehrte. Der Versicherungsschutz stand ihm grundsätzlich nach § 1 Nr. 1 der AHB Stand 1/95 in dem Moment zu, als er von einem Dritten wegen eines Schadensereignisses in Anspruch genommen wurde.

bb) Die Verjährung war sodann für die Dauer der Leistungsprüfung nach § 15 VVG gehemmt, bis die Bekl. hier mit Schreiben vom 13.5.2009, dem Kl. unter dem 15.5.2009 zugegangen, ihre Eintrittspflicht ablehnte. Geht man zugunsten des Kl. davon aus, dass die Bekl. sodann unmittelbar in eine erneute Sachprüfung eingetreten ist, so endete die Hemmung gemäß § 15 VVG jedoch spätestens, als sie ihre Einstandspflicht erneut unter dem 2.10.2012 ablehnte. Bei Zugrundelegung dieser für den Kl. günstigeren Variante wurde der Lauf der Verjährung zunächst durch die Klageerhebung am 18.11.2013 gehemmt. Die Voraussetzungen des § 167 ZPO dürften vorliegen, so dass die unter dem 27.1.2014 erfolgte Klagezustellung für den Beginn dieser Hemmungsperiode nicht entscheidend ist.

Allerdings endete diese erneute Hemmung sechs Monate nach dam Beschluss des LG vom 30.1.2015, mit dem das Ruher: des Verfahrens angeordnet worden ist. Denn insoweit bestimmt § 204 Abs. 2 S. 3 i.V.m. S. 1 BGB, dass das Ende der durch die Klageerhebung eingetretene Hemmung sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung eintritt. Dies war hier der vorgenannte Beschl. v. 30.1.2015, so dass die Verjährung am 31.7.2015 erneut zu laufen begann.

(1) Soweit die Berufung vorträgt, zwischen den Parteien hätten bereits vor dem 30.1.2015 Verhandlungen über den Anspruch geschwebt, weshalb die Verjährung auch nach § 203 BGB gehemmt gewesen sei, führt dies zu keinem für den Kl. günstigen Ergebnis.

Zwar ist der in ...

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