Die Verkehrssicherungspflicht schützt ahnungslose Dritte davor, in einem fremden Bereich, der für sie zugänglich gemacht ist, mit Gefahren konfrontiert zu werden, die sie nicht kontrollieren können und mit denen sie nicht rechnen müssen. Weiterhin kann es eine Rolle spielen, ob der Dritte der Gefahr "ausweichen" kann.

Um eine Verkehrssicherungspflicht bejahen zu können, ist zunächst einmal zu prüfen, ob ein mitgebrachter Hund eine Gefahr darstellt. Im Zusammentreffen mit Menschen, anderen Tieren oder unbekannten Situationen kann sich das Tier unberechenbar verhalten. Aber auch Personen können aufgrund von Phobien o.Ä. unabhängig vom einzelnen Tier in dessen Gegenwart unerwartet reagieren. Gleiches gilt auch für (Klein-)Kinder. Hieraus ergibt sich eine abstrakte Gefahrenlage unabhängig von der konkreten Hunderasse oder der Größe des Tieres.[10]

Eine Verkehrssicherungspflicht des Arbeitgebers oder der Behörde besteht folglich dann, wenn über die Hundehaltung Kenntnis besteht oder diese generell gebilligt wird.

Zu bedenken ist, dass es sich der Bürger oftmals auch gar nicht aussuchen kann, ob er ein Büro betritt: Viele Behördengänge lassen sich nur persönlich erledigen. Gleichzeitig lässt sich der Publikumsverkehr auch nicht auf eine bestimmte Personengruppe (z.B. mit Tiererfahrung) zuschneiden. In den Fällen des unbeschränkten Publikumsverkehrs liegt es daher nahe, eine Pflicht der Behörde anzunehmen sicherzustellen, dass der Besucher nicht mit einem Hund konfrontiert wird (z.B. Kfz-Zulassungsstelle, Meldebehörde). Wird dieser Pflicht durch entsprechende Weisung oder Verbote nicht nachgekommen, besteht ein originäres Organisationsverschulden der Behörde oder des Arbeitgebers. Der Zurechnung einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers bedarf es nicht.

Etwas anderes kann dort gelten, wo ohnehin kein bzw. sehr eingeschränkt Publikumsverkehr besteht. In diesen Fällen kann der Verkehrssicherungspflicht durch Hinweise oder Einzelansprache Rechnung getragen werden. Der Umfang bemisst sich dann nach der konkreten Situation. Betritt der Besucher in dieser Kenntnis den Raum und kommt es dann zu einem Schadensereignis, besteht keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Davon unberührt bleibt die Haftung gem. §§ 833, 834 BGB.

[10] Erklärt: Darum sind kleine Hunde oft aggressiver als große: Jeder kennt sie – die fiesen kleinen Kläffer, vor denen sogar die großen Hunde im Park respektvoll Abstand halten. Und das lässt sich auch wissenschaftlich belegen: In einer Studie aus dem Jahr 2008 befragten Forscher die Besitzer von Hunden aus mehr als 30 verschiedenen Rassen hinsichtlich der Aggressivität ihrer Vierbeiner. Das Ergebnis: Chihuahua. und Dackel zeigten überdurchschnittlich häufig aggressives Verhalten gegenüber Menschen und anderen Hunden. (Erklärt: Darum sind kleine Hunde oft aggressiver als große (deine-tierwelt.de)).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge