Ein bereicherungsrechtlicher Rückabwicklungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, dessen Durchsetzung mit der Stufenklage vorbereitet werden soll, kann dem Kl. mit der vom BG gegebenen Begründung nicht versagt werden.

[10] 1. Nach den revisionsrechtlich allerdings nicht zu beanstandenden und von der Revisionserwiderung – zu Recht – nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte die Bekl. den Kl. nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht. Die Widerspruchsbeiehrung enthielt keinen Hinweis auf die nach § 5a Abs. 1 S. 1 VVG in der ab 1.8.2001 gültigen Fassung erforderliche, aber auch ausreichende Textform des Widerspruchs. Dieses Formerfordernis konnte der Kl. nicht aus der Formulierung entnehmen, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genüge. Der Belehrung lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass die Textform abbedungen und dem VN die Möglichkeit eines Widerspruchs auch in mündlicher Form eingeräumt werden sollte (vgl. Senat r+s 2017, 128 Rn 12 m.w.N.; VersR 2015, 1101 Rn 26).

[11] 2. Zu Unrecht hat das BG jedoch angenommen, einem (fortbestehenden) Widerspruchsrecht des Kl. stehe entgegen, dass ein nur geringfügiger Belehrungsfehler vorliege.

[12] a) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urt. v. 15.2.2023 (IV ZR 353/21, juris Rn 13 ff.,) entschieden und im Einzelnen begründet hat, ist ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB wegen rechtsmissbräuchlicher Ausübung des Widerspruchsrechts ausgeschlossen, wenn dem VN durch eine fehlerhafte Information in der Widerspruchsbelehrung nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben.

Unter diesen (engen) Voraussetzungen liegt ein geringfügiger Belehrungsfehler vor, der einer Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 242 BGB entgegensteht. Mit Blick darauf kommt es auf eine vom BG in solchen Fällen angenommene Anwendbarkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. unter gleichzeitiger Einschränkung der vom Senat vorgenommenen richtlinienkonformen Auslegung dieser Vorschrift (vgl. hierzu Senat BGHZ 201, 101 Rn 17-34) nicht an.

[13] b) Entgegen der Ansicht des BG wurde dem Kl. jedoch durch den fehlenden Hinweis auf die nach § 5a Abs. 1 S. 1 VVG in der ab 1.8.2001 gültigen Fassung erforderliche Textform des Widerspruchs die Möglichkeit genommen, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben (vgl. OLG Köln, Urt. v. 30.12.2021 – 20 U 69/21, juris Rn 6, 8 ff.; vgl. auch Senatsurt. VersR 2016, 1419 Rn 17; VersR 2015, 1101 Rn 32). Diese Bewertung des Tatrichters kann in der Revisionsinstanz daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. Senat BetrAV 2016, 147 Rn 19; BGH, GRUR 2017, 702 Rn 99 m.w.N.). Das BG hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass sich aus der Widerspruchsbelehrung hinreichend deutlich ergebe, dass die Widerspruchserklärung textlich oder schriftlich abzugeben sei, und diese Ungenauigkeit den VN allenfalls unwesentlich beeinträchtige.

[14] aa) Enthält die Widerspruchsbelehrung – wie hier – keinen Hinweis auf die nach § 5a Abs. 1 S. 1 VVG in der ab 1.8.2001 gültigen Fassung erforderliche, aber auch ausreichende Textform des Widerspruchs, bleibt der VN im Unklaren darüber, in welcher Form er die Widerspruchserklärung abzugeben hat (vgl. Senat NJW-RR 2021, 487 Rn 13). Dies stellt eine nicht unerhebliche Erschwernis der Ausübung des Widerspruchsrechts gegenüber einem ordnungsgemäß belehrten VN dar, der insbesondere auch über die zur Wirksamkeit des Widerspruchs erforderliche Form zu belehren ist (vgl. Senat VersR 2004, 497 unter 3 b zur Schriftform; OLG Köln, Urt. v. 30.12.2021 – 20 U 69/21, juris Rn 11). Dem VN soll mit der Widerspruchsbelehrung klar und unmissverständlich vor Augen geführt werden, unter welchen Voraussetzungen er wirksam widersprechen kann (vgl. auch EuGH NJW 2020, 667 Rn 70-72).

[15] Bleibt es – wie hier – dem VN überlassen, die für einen wirksamen Widerspruch erforderliche Form zutreffend zu bestimmen, besteht die Gefahr, dass der Widerspruch nicht in der nach § 5a Abs. 1 S. 1 VVG in der ab 1.8.2001 gültigen Fassung erforderlichen, aber auch ausreichenden Textform abgegeben wird, mit der Folge, dass der Widerspruch unwirksam ist (…).

[16] bb) Aus dem in der Belehrung enthaltenen Hinweis, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genüge, wird der VN nicht entnehmen, dass ein Widerspruch in Textform erforderlich, aber auch ausreichend ist. Vielmehr wird er – anders als das BG meint – annehmen, dass ein formloser Widerspruch ebenfalls genügt.

[17] Dem VN wird zunächst durch S. 1 der Widerspruchsbelehrung der Eindruck vermittelt, dass der Widerspruch keiner besonderen Form bedarf. Denn...

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