[1] I. Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen die Teilabweisung seiner Klage, mit der er die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz wegen der Folgen eines Verkehrsunfalls in Anspruch genommen hat.

[2] Der Kläger ist Eigentümer und Halter des Fahrzeugs Pkw1 mit dem amtlichen Kennzeichen … Der Beklagte zu 1 war zum Unfallzeitpunkt Halter und Fahrer des Fahrzeugs Pkw2 mit dem amtlichen Kennzeichen … , welches bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversichert war.

[3] Am XX.XX.2020 befuhr X mit dem Fahrzeug des Klägers den Parkplatz eines Baumarktes in Stadt1, dessen Betreiber für den Parkplatz die Geltung der StVO angeordnet hatte. Die von Herrn X benutzte Fahrgasse führt zur Ausfahrt des Parkplatzgeländes. In diese Fahrgasse münden von rechts mehrere Fahrgassen ein. Eine dieser Fahrgassen befuhr der Beklagte zu 1 mit seinem Fahrzeug, als es im Einmündungsbereich zum Zusammenstoß der Fahrzeuge der Parteien kam. In Fahrtrichtung links neben der von Herrn X benutzten Fahrgasse sind im rechten Winkel Parkboxen angeordnet. Rechts und links der einmündenden Fahrgassen befinden sich ebenfalls im rechten Winkel angeordnete Parkboxen. Wegen der Einzelheiten der Örtlichkeit sowie der Anstoßsituation der Fahrzeuge wird auf die Anlagen zum Gutachten des in erster Instanz tätigen Sachverständigen Y (Bl. 117 – 121 und 130 – 132 d.A.) Bezug genommen.

[4] Der Kläger hat die Beklagten wegen der an seinem Fahrzeug entstandenen Schäden auf Zahlung der Reparaturkosten gemäß Gutachten i.H.v. 6.002,25 EUR, der Gutachterkosten i.H.v. 933,07 EUR, einer allgemeinen Kostenpauschale i.H.v. 25,00 EUR und auf Ersatz eines merkantilen Fahrzeugminderwertes i.H.v. 650,00 EUR in Anspruch genommen. Darüber hinaus hat der Kläger die Zahlung von Verzugszinsen und die Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten verlangt.

[5] Das Landgericht hat nach Einholung des Gutachtens des Sachverständigen Y die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 2.068,76 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.886,46 EUR seit dem 8.4.2020 und aus 182,31 EUR seit dem 10.7.2020 verurteilt. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

[6] Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch gegen die Beklagten in der ausgeurteilten Höhe gem. § 7 Abs. 1 StVG, § 18 StVG, § 115 VVG. Die Beklagten hafteten für den entstandenen Schaden i.H.v. 25 %. Keiner der Parteien sei der Nachweis gelungen, dass der Unfall für sie ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG darstelle. Im Verhältnis der beteiligten Fahrzeughalter hänge deshalb gem. § 17 Abs. 1 StVG die Verpflichtung zum Ersatz sowie zum Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen ab, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden sei. Bei der danach vorzunehmenden Abwägung sei zulasten des Klägers ein Vorfahrtverstoß gem. § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 StVO zu berücksichtigen. Der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs, der über die Einmündung hinaus geradeaus gefahren sei, hätte dem von rechts kommenden Beklagten zu 1 nach der Regel "rechts vor links" die Vorfahrt gewähren müssen. Die Vorschrift des § 8 Abs. 1 StVO sei auf dem öffentlich zugänglichen Parkplatz anwendbar. Die Geltung der StVO sei durch ein Verkehrsschild angeordnet worden. Inwieweit die Vorfahrtregel des § 8 Abs. 1 StVO auf einem Parkplatz Anwendung finde, hänge davon ab, ob die Fahrspuren lediglich dem ruhenden Verkehr, d.h. dem Parkplatzsuchverkehr dienen, oder ob sie darüber hinaus Straßencharakter besitzen. Entscheidend für die Beurteilung seien die sich den Kraftfahrern bietenden baulichen Verhältnisse, insbesondere die Breite der Fahrspuren sowie ihre Abgrenzung von den Parkboxen. Hier wiesen die Fahrspuren des Parkplatzes eine ausreichende Breite auf, um zwei Fahrzeugen die Vorbeifahrt bzw. dem durchfahrenden Fahrzeug die Vorbeifahrt an einem einen Parkplatz suchenden Fahrzeug zu ermöglichen. Die Breite der Fahrspur vermittele den Parkplatznutzern einen gewissen Straßencharakter, der durch den Umstand, dass keine Richtungspfeile vorhanden seien und die Fahrspuren umlaufen befahren werden könnten, verstärkt werde. Für die Parkplatznutzer liege es deshalb nahe, dass an den Schnittpunkten der Fahrspuren die Rechts-vor-links-Regel anzuwenden sei.

[7] Der Beweis des ersten Anscheins spreche für eine Missachtung des Vorfahrtrechts des Beklagten zu 1 durch den Fahrer des klägerischen Fahrzeugs. Die Wartepflicht des § 8 StVO gelte, bis der Einfahrende sich vollständig auf der vorfahrtsberechtigten Straße eingeordnet und eine den dort fahrenden Fahrzeugen entsprechende Geschwindigkeit erreicht habe. Danach habe sich der Unfall im Zusammenhang mit dem Vorfahrtverstoß des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs ereignet. Wie der Sachverständige ausgeführt habe, habe das Klägerfahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision den Einmündungsbereich noch nicht vollständig verlassen gehabt.

[8] Den Anscheinsbeweis habe der...

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