[…] III. Die auf die Sachrüge hin vorzunehmende Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben, der die Aufhebung des Urteils gebietet. Der Schuldspruch ist nicht zu beanstanden.

Auch im Rechtsfolgenausspruch erweist sich das angefochtene Urteil als frei von den Betroffenen benachteiligenden Rechtsfehlern. Die Bemessung der Rechtsfolgen liegt grundsätzlich im Ermessen des Tatgerichts, so dass sich die Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht darauf beschränkt, ob dieses von rechtlich zutreffenden Erwägungen ausgegangen ist und von seinem Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat (vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.11.2017 – 1 OWi Ss Bs 87/17, juris). Das AG hat sich hier an der für den Geschwindigkeitsverstoß vorgesehenen Regelgeldbuße von 600,00 EUR orientiert und hat diese Geldbuße sodann wegen der vorsätzlichen Begehungsweise gemäß § 3 Abs. 4a S. 1 BKatV auf 1.200,00 EUR verdoppelt. Sodann hat es das Bußgeld wegen der Voreintragungen im Fahreignungsregister nochmals um 720,00 EUR auf 1.920,00 EUR erhöht.

Diese Bemessung der Geldbuße begegnet nicht deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Amtsgericht zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen keine Feststellungen getroffen hat. Auch wenn ein Betroffener keine Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen macht, entbindet dies das Gericht zwar grundsätzlich nicht von der Verpflichtung, die notwendigen Feststellungen – beispielsweise durch Vernehmung des Arbeitgebers – zu treffen, wenn sie gemäß § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG von Bedeutung sein können. Die obergerichtliche Rechtsprechung lässt jedoch Einschränkungen dieses Grundsatzes zu. Dass die wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 17 Abs. 3 S. 2 OWiG: "… kommen in Betracht") bei der Zumessung der Geldbuße lediglich eine untergeordnete Rolle spielen, hat der Gesetzgeber insbesondere bei den Verkehrsordnungswidrigkeiten durch Bemessung der Höhe der Bußgelder anhand der Regelsätze der Bußgeldkatalogverordnung bestätigt. Die Regelsätze orientieren sich dabei an der Bedeutung des Verkehrsverstoßes und dem Tatvorwurf, wobei ihnen gewöhnliche Tatumstände und durchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse des Betroffenen zugrunde liegen (KG, Beschl. v. 27.4.2020 – 3 Ws (B) 49/20, juris Rn.21; OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.1.2017 – 2 Ss-OWi 1029/16, juris Rn.12). Sowohl die in der Bußgeldkatalogverordnung festgelegten Regelsätze (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BKatV) als auch die Regelfahrverbote sind Zumessungsrichtlinien im Rahmen von § 17 Abs. 3 OWiG. Aus dieser Regel-Ausnahme-Systematik folgt, dass die Amtsaufklärungspflicht nicht eine anlasslose Aufklärung von Umständen aus dem persönlichen Bereich des Täters, die ein Abweichen von der im Bußgeldkatalog vorgegebenen Regelrechtsfolge rechtfertigen könnten, gebietet (OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.4.2021 – 1 Ss (OWi) 103/20, juris Rn 15). Besondere Umstände, die zum Abweichen vom Regelsatz nach oben oder unten führen, die auch in der Person des Betroffenen – beispielsweise betreffend seine wirtschaftlichen Verhältnisse – liegen können, hat der Tatrichter erst zu erwägen, wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben (KG, a.a.O.). Solche Anhaltspunkte werden sich regelmäßig erst durch entsprechenden Sachvortrag des Betroffenen aufdrängen können. Demnach obliegt es dem Betroffenen unter dem Regime der Bußgeldkatalogverordnung, durch konkrete Angaben die Aufklärungspflicht des Tatrichters auszulösen (KG, a.a.O.; OLG Braunschweig a.a.O.).

Im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten kann daher auch bei nicht mehr nur geringfügigen Geldbußen über 250,00 EUR von einer näheren Erörterung der wirtschaftlichen Verhältnisse abgesehen werden, wenn sie erkennbar nicht vom Durchschnitt abweichen und der Tatrichter eine Geldbuße festsetzt, die dem Bußgeldkatalog entspricht (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.11.2017 – 1 OWi 2 Ss Bs 87/17, juris Rn.18 und OLG Zweibrücken BeckRS 2021, 33639; KG, Beschl. v. 7.1.2014 – 3 Ws (B) 651/13 – 162 Ss 136/13, juris). Gleiches gilt auch, wenn die für eine vorsätzliche Begehungsweise verdoppelte Regelgeldbuße festgesetzt wird und ebenso, wenn der verdoppelte Regelsatz sodann nur um einen (geringen) Betrag erhöht wird. Denn auch dort beruht die Bußgeldbemessung gem. § 17 Abs. 3 S. 1 OWiG letztlich im Wesentlichen auf der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und dem Vorwurf, der den Täter trifft (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.11.2017, a.a.O..). So stellt auch das OLG Braunschweig in seinem Beschl. v. 13.4.2021 (1 Ss (OWi) 103/20; juris) zutreffend fest, dass es dem Regel-Ausnahme-System der Bußgeldkatalogverordnung zuwiderlaufen würde, allein deshalb, weil das Tatgericht die Regelgeldbuße wegen festgestellter Vorbelastungen (angemessen) erhöht hat, auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen eine tatrichterliche Aufklärung zu verlangen. Im Falle einer maßvollen Erhöhung der Regelgeldbuße besteht – jedenfalls ohne konkrete Anhaltspunkte durch entsprechenden Sachvortrag des Betroffenen – ...

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