Auf Grund der eingangs zitierten BGH-Urteile und insbesondere wegen der Entwicklung der Behalte- und Weiternutzungsfrist ist in Literatur und Rspr. Streit über die Frage ausgebrochen, wann der Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens nunmehr fällig sei.[1] Diese Diskussion ist indes nicht zielführend, da die ihr zugrunde liegende Frage im Hinblick auf die eindeutige Gesetzeslage nicht zu stellen ist.

Die Fälligkeit eines Anspruchs ist eindeutig und unmissverständlich in § 271 BGB geregelt. Hiernach kann der Gläubiger die Leistung vom Schuldner sofort verlangen, wenn eine Zeit für die Leistung des Schuldners weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. § 271 BGB gilt – da er im Allgemeinen Teil des BGB angesiedelt ist – auch für deliktische Schadensersatzansprüche.[2] Im Fall eines Verkehrsunfalls ist zwischen Schuldner (dem Schädiger) und Gläubiger (dem Geschädigten) nicht bestimmt, wann der Schadensersatz geleistet werden soll. Es handelt sich ja gerade nicht um einen Vertrag, bei dem die Beteiligten bspw. einen bestimmten Liefertermin aushandeln.

Auch Umstände, aus denen sich ein Leistungszeitpunkt des Schädigers ergibt, findet man bei einem Verkehrsunfall nicht.

Unerheblich für die Frage der Fälligkeit des Anspruchs ist die Tatsache, dass im Falle eines Verkehrsunfalls die Haftung dem Grunde und/oder der Höhe nach oftmals streitig ist. Für die Frage der Fälligkeit eines Anspruchs kommt es nämlich nicht darauf an, ob der Anspruch unstreitig ist.[3] Selbstverständlich ist der Geschädigte durch den Verkehrsunfall immer unmittelbar betroffen, unabhängig davon, ob der Schädiger dies nun bestreitet oder nicht. Aus diesem Grund entsteht der Anspruch des Geschädigten dem Grunde nach unmittelbar mit Eintritt des Unfalls und ist in diesem Moment auch fällig.

Fraglich ist jedoch, ob der Anspruch auch der Höhe nach unmittelbar im Zeitpunkt des Unfalls entsteht und fällig ist. Fällig kann ein Schadensersatzanspruch erst dann sein, wenn der Schädiger (Schuldner) die Möglichkeit hat, den Schaden auszugleichen. Die Möglichkeit, den Schaden auszugleichen, hat der Schädiger (Schuldner) jedoch erst zu dem Zeitpunkt, in dem er von der Höhe des Schadens – in der Regel durch den Geschädigten – Kenntnis erlangt. Es ergibt sich also aus den Umständen des Schadensersatzanspruchs, dass der Geschädigte erst dann seinen Schaden ersetzt verlangen kann, wenn er diesen auch beziffert hat.

Dies ist aber in sämtlichen Fällen der Abrechnung des Fahrzeugschadens der Fall. In allen diesen Fällen beziffert der Geschädigte seinen Schaden entweder durch die Einholung eines Gutachtens über die (fiktiven) Reparaturkosten oder eben über die Einreichung einer Reparaturrechnung über die tatsächlich entstandenen Kosten. Die Voraussetzungen für die Fälligkeit des Anspruchs liegen daher in allen Konstellationen vor.

Die entscheidende Frage ist also nicht, wann der Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens fällig ist, sondern zu welchem Zeitpunkt er entsteht. Dies ist – wie bei sämtlichen Ansprüchen – grundsätzlich erst dann der Fall, wenn sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.

[1] Pro Behalte- und Weiternutzungsfrist als Fälligkeitsvoraussetzung: Mergner, VersR 2007, 1266; Staab, NZV 2007, 279, 281; Kallweit, VersR 2008, 895; contra Behalte- und Weiternutzungsfrist als Fälligkeitsvoraussetzung: Huber, DAR 2009, 252; Wittschier, NJW 2008, 898; Schneider, zfs 2009, 69.
[2] Huber, DAR 2009, 252, 254 m.w.N.
[3] Huber, DAR 2009, 252, 254 m.w.N.

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