Bei der Abrechnung von Sachschäden an seinem Kraftfahrzeug billigt die Rechtsprechung dem Geschädigten Dispositionsfreiheit zu.[20] Der Geschädigte kann danach frei darüber entscheiden, ob er das Fahrzeug (vollständig) repariert oder nicht. Entscheidet der Geschädigte sich für die zweite Alternative, so kann er die für eine fachgerechte Reparatur erforderlichen Kosten auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abrechnen;[21] in einfacher gelagerten Fällen kann auch der Kostenvoranschlag einer Werkstatt ausreichen.[22]

Die Zulässigkeit einer solchen "fiktiven" Abrechnung wird dadurch gerechtfertigt, dass das Vermögen des Geschädigten allein schon durch den am Fahrzeug entstandenen Schaden gemindert ist. Da diese Einbuße dem Geschädigten vom Schädiger aufgezwungen wird, soll der Geschädigte wenigstens selbst darüber entscheiden können, in welcher Weise er den Ersatzbetrag verwendet.[23] Die h.M. geht davon aus, dass die Zulässigkeit der fiktiven Abrechnung durch § 249 Abs. 2 S. 2 BGB mittelbar anerkannt wird. Die Vorschrift lässt nämlich den Gegenschluss zu, dass bei fiktiver Schadensberechnung nur die ersparte Umsatzsteuer nicht ersatzfähig ist.[24] Bei fiktiver Schadensabrechnung kann der Geschädigte allerdings auch insoweit keinen Ersatz der Umsatzsteuer verlangen, wie diese im Rahmen einer Teilreparatur zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit des Fahrzeugs tatsächlich angefallen ist. Wäre die tatsächlich angefallene Umsatzsteuer in diesen Fällen ersatzfähig, so liefe dies nämlich auf eine unzulässige Kombination von konkreter und fiktiver Schadensabrechnung hinaus.[25]

[20] BGH v. 15.2.2005 – VI ZR 70/04, BGHZ 162, 161 (165 f.) = ZfS 2005, 382 m. Anm. Diehl; BGH v. 9.6.2009 – VI ZR 110/08, BGHZ 181, 242 = NJW 2009, 3022 Rn 13; Soergel/Ekkenga/Kuntz, BGB, 13. Aufl. 2014, § 249 Rn 98; BeckOK BGB/Flume, 64. Ed. 1.5.2022, § 249 Rn 211; Ahrens/Spickhoff, Deliktsrecht, 2022, § 44 Rn 26.
[21] Vgl. Engel/Ehlscheid DAR 2020, 321 ff.
[22] MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, § 249 Rn 371.
[23] Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 20. Aufl. 2022, § 47 Rn 7.
[24] Vgl. Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 20. Aufl. 2022, § 47 Rn 8.

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