Wird die vollständige und fachgerechte Reparatur nicht durch eine Rechnung nachgewiesen und übersteigen die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungsaufwand, kann der VN wegen A.2.5.2.1 lit. b AKB, ebenso wie beim (echten) Totalschaden, der Zerstörung oder dem Verlust des Fahrzeugs (A.2.5.1.1 AKB), nur auf Totalschadenbasis abrechnen. Es liegt zwar kein echter Totalschaden im Sinne von A.2.5.1.5 AKB vor, weil die Reparaturkosten noch unter dem Wiederbeschaffungswert liegen, aber ein sog. "wirtschaftlicher" oder "unechter" Totalschaden, weil die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigen. Der Wechsel auf eine konkrete Abrechnung (Reparatur bis zum Wiederbeschaffungswert oder Ersatzbeschaffung) bleibt aber weiterhin möglich. Ansonsten muss bei der Abrechnung vom Wiederbeschaffungswert der Restwert in Abzug gebracht werden. Eine Neupreisentschädigung (A.2.5.1.2 AKB), bei der innerhalb einer bestimmten Frist nach Erstzulassung bei einem Pkw ein Totalschaden, eine Zerstörung oder ein Verlust eintritt, ist auf fiktiver Basis nicht möglich, weil für die Neupreisentschädigung die Verwendung für die Reparatur des Fahrzeugs oder der Erwerb eines anderen Fahrzeugs erforderlich ist (A.2.5.1.3 AKB) und die Abrechnung damit konkret durch Reparatur oder Wiederbeschaffung eines Ersatzfahrzeugs erfolgen muss. Diese Regelung ist als Wiederherstellungsklausel im Sinne des § 93 VVG wirksam.

1. Wiederbeschaffungswert

Wiederbeschaffungswert ist nach den Bedingungen der Preis, den der VN für den Kauf eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeugs am Tag des Schadenereignisses bezahlen muss (A.2.5.1.6 AKB). Diese Definition stimmt im Wesentlichen mit denen des Schadensersatzrechts überein, weshalb der durchschnittliche VN hiervon kein anderes Verständnis haben kann.[26] Für die fiktive Abrechnung kommt es für den VN vor allem darauf an, ob und gegebenenfalls wie viel Umsatzsteuer im Wiederbeschaffungswert enthalten ist, weil diese nach A.2.5.4 AKB ohne Ersatzbeschaffung nicht erstattet wird. Hierfür kommt es nicht auf die Verhältnisse des VN, sondern darauf an, mit welchem Umsatzsteueranteil das Fahrzeug auf dem Markt gehandelt wird. Für die Höhe des Abzugs vom Wiederbeschaffungswert ist deshalb maßgeblich, ob vergleichbare Fahrzeuge regelmäßig von Händlern mit dem vollen Umsatzsteueranteil (19 %) oder nur ohne Ausweis der Umsatzsteuer der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterliegen (etwa 2,5 %) oder von Privatleuten ohne Umsatzsteuer (steuerneutral) gehandelt werden.[27] Die Höhe des Umsatzsteueranteils muss im Kaskogutachten ausgewiesen werden.

[26] Meinecke, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl. (2017), A.2 AKB, Rn 436, 447.
[27] Vgl. hierzu die Ausführungen in der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB, BT-Drucks 14/7752, 23 f.

2. Restwert

Bei fiktiver Abrechnung wird vom Wiederbeschaffungswert außerdem der Restwert in Abzug gebracht, der nach A.2.5.1.7 AKB der Veräußerungswert des Fahrzeugs im beschädigten oder zerstörten Zustand ist. Auch hier stellt sich die Frage, welcher Markt (regional oder überregional oder sogar international) maßgeblich ist und ob sich der VN die im Restwertangebot gegebenenfalls enthaltene Umsatzsteuer anrechnen lassen muss, wenn er das Angebot nicht realisiert. Da dies der Regelung in den AKB nicht zu entnehmen ist, kann nach einem neueren Urteil des BGH[28] der VN auch hier auf seine eigenen Interessen abstellen, was hinsichtlich des zu berücksichtigenden Marktes ebenfalls zu einem Gleichklang mit der Rechtsprechung im Schadensersatzrecht führt. Bei fiktiver Abrechnung muss deshalb, auch im Kaskorecht, nur ein regional ermittelter Restwert zugrunde gelegt werden. Ob das Fahrzeug allerdings, wie im allgemeinen Schadensrecht, über eine Dauer von sechs Monaten weiter genutzt werden muss und die restliche Kaskoentschädigung erst danach fällig wird, ist dagegen noch offen. Auch hier kann der VN von einem Gleichklang mit der Rechtsprechung[29] zum allgemeinen Schadensersatzrecht ausgehen, deshalb ist die Differenz zwischen dem in Abzug gebrachten und dem regionalen Restwert erst nach sechs Monaten der Weiternutzung fällig im Sinne von A.2.7.1 AKB.[30] Bei Berücksichtigung eines geringeren regionalen Restwertangebots kann sich unter Umständen die Abrechnungsart ändern. Liegen die Reparaturkosten dann unter dem Wiederbeschaffungsaufwand, besteht ein Anspruch auf Zahlung der fiktiven Reparaturkosten nach A.2.5.2.1 lit. b. AKB. Ist in den Angeboten der Restwerthändler ein Umsatzsteueranteil enthalten, kann dieser, auch bei einem nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten VN, nicht berücksichtigt werden, weil die Umsatzsteuer nur bei tatsächlichem Ausweis in der Rechnung anfällt.[31] Um die Restwertangebote zu erhöhen, wird von Händlern in der Regel der volle Umsatzsteuersatz von 19 % aufgeschlagen, der bei einem nur fiktiven Angebot nicht tatsächlich anfällt. Dies ist für das allgemeine Schadensrecht vom VI. Senat – soweit ersichtlich – zwar noch nicht problematisiert worden, aber konsequent, weil der Brutt...

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