Die Entscheidung wäre auf der Grundlage des VVG 2008 möglicherweise anders ausgefallen. Das OLG Köln nimmt nämlich – zu Recht – an, dass nach geltendem Recht eine Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung unabhängig von den bei seiner Beantragung gestellten Fragen zulässig ist.

Nach § 19 Abs. 1 VVG (n.F.) besteht jedoch eine Anzeigeobliegenheit nur dann, wenn der Versicherer Fragen (in Textform) nach gefahrerheblichen, dem Versicherungsnehmer bekannten Umständen gestellt hat. In der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks 16/3945, 162) heißt es zwar, das Verschweigen eines gefahrerheblichen Umstands, nach dem der Versicherer nicht oder nur mündlich gefragt habe, könne bei Arglist ein Anfechtungsrecht des Versicherers begründen. Das begegnet erheblichen Bedenken (so auch Marlow/Spuhl, Das neue VVG kompakt, 2. Aufl., S. 38). Zum einen fällt nämlich auf, dass § 21 Abs. 5 des Referentenentwurfs zum VVG 2008, der eine ausdrückliche Regelung der Frage enthielt, im Regierungsentwurf nicht enthalten ist. Vor allem aber: Wenn das Gesetz eine Offenbarungspflicht nur unter bestimmten formalen Voraussetzungen vorsieht und dies seine Rechtfertigung in der Überlegung findet, das Risiko, die Gefahrerheblichkeit von Umständen falsch einzuschätzen, solle dem Versicherungsnehmer abgenommen werden, so schließt das aus, nach Treu und Glauben mehr zu verlangen. Denn das hieße ja letztlich, vom Versicherungsnehmer ein Mehr an versicherungstechnischem Sachverstand zu verlangen als vom Versicherer selbst: Der Versicherer weiß nämlich, dass er, was für ihn für die Deckungsübernahme relevant ist, erfragen muss. Das bedeutet: Eine arglistige Täuschung durch Unterlassen führt künftig, nimmt man Wortlaut und Wille des § 19 Abs. 1 VVG ernst, nicht mehr zur Anfechtbarkeit des Vertrages.

Prof. Dr. Rixecker

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