"… II. Die Klage ist zulässig."

Insbesondere ist das LG Karlsruhe international und örtlich zuständig. Nach Art. 13 Abs. 2, 11 Abs. 1 lit. b) EuGVVO ist für die Direktklage gegen den VR ein Gerichtsstand am Wohnsitz des Geschädigten begründet (vgl. EuGH, Urt. v. 13.12.2007 – C-463/06, juris; BGH, Urt. v. 6.5.2008 – VI ZR 200/05, juris; Greger/Zwickel in: Greger/Zwickel. Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl. 2014, § 15 Haftung des Haftpflichtversicherers, Rn 67).

III. Die Klage ist überwiegend begründet.

Die Kl. hat nach französischem Recht – neben dem bereits rechtskräftig gewordenen Teil des Versäumnisurteils i.H.v. insgesamt 6.850,00 EUR – einen weiteren Schadensersatzanspruch wegen dem Verkehrsunfall i.H.v. 1.426,87 EUR.

A) Die Schadensregulierung richtet sich nach französischem Recht.

Das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht wird nach Art. 3 Nr. 1 lit. a) EGBGB durch die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 (im Folgenden: Rom-II-VO) bestimmt. Bei einem Verkehrsunfall ist nach Art. 4 Abs. 1 Rom-II-VO grds. auf den Unfallort als Ort des schadensbegründenden Ereignisses abzustellen (Palandt/Thom, BGB, 79. Aufl. 2020, Art. 4 Rom-II-VO, Rn 19), der hier in Frankreich liegt. Anders ist es nach Art. 4 Abs. 2 Rom-II-VO nur, wenn Schädiger und Geschädigter im Zeitpunkt des Schadenseintritts einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort hatten. Anhaltspunkte dafür sind aber weder vorgetragen noch ersichtlich. Es verbleibt bei der Anwendbarkeit des am Unfallort in Frankreich geltenden Rechts. Dessen Anwendungsbereich erstreckt sich nach Art. 15 lit. c) Rom-II-VO auch auf Art und Bemessung des Schadens (Palandt/Thom, BGB, 79. Aufl. 2020, Art. 15 Rom-II-VO, Rn 5).

Das Gericht hat das ausländische Recht nach § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. Dabei hat der deutsche Richter das ausländische Recht so anzuwenden, wie es der Richter des betreffenden Landes auslegt und anwendet (BGH, Beschl. v. 17.5.2018 – IX ZB 26/17, juris Rn 12, 19; BGH, Urt. v. 24.3.1987 – VI ZR 112/86, juris Rn 13), also die konkrete Rechtspraxis zu berücksichtigen (Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 293 ZPO, Rn 14; BGH, Urt. v. 24. Marz 1987 – VI ZR 112/86, juris Rn 13).

B) Die Kl. kann ihren Schadensersatzanspruch gegen den gegnerischen Fahrzeughalter als Direktanspruch gegen die Bekl. geltend machen. Das französische Recht sieht einen solchen Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers in Art. L. 124-3 Abs. 1 Code des assurances vor (Gutachten S. 12). Die als Voraussetzung notwendige zivilrechtliche Verantwortlichkeit des bei der Bekl. versicherten Unfallgegners nach Art. 1 Loi Badinter ist unstreitig gegeben.

C) Der Anspruch besteht – über die rechtskräftige Verurteilung hinaus – noch i.H.v. 1.426,87 EUR.

1. Die der Kl. entstandenen Sachverständigenkosten i.H.v. 971,87 EUR sind ersatzfähig.

Der Sachverständige hat ausgeführt, in der französischen Rspr. sei insoweit keine klare Linie erkennbar. Im Zusammenhang mit Personenschäden sei jedoch entschieden worden, dass Sachverständigenkosten grds. ersetzt werden könnten, wenn sie entstanden seien, um die Höhe des Schadens festzustellen und zu beziffern (Gutachten S. 27). Um die Erstattung im Einzelfall zu versagen, seien Gründe notwendig. Im Umkehrschluss sei davon auszugehen, dass jedenfalls bei einem – hier vorliegenden – Totalschaden die Erstattung der Kosten möglich sei (Gutachten S. 27). Für eine Ersatzfähigkeit spreche auch der bestehende kausale Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Sachverständigenkosten sowie der aus Art. 1240 Code civil entwickelte Grundsatz der totalen Reparation (Gutachten S. 24 f., 28). Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen nach eigener gründlicher Prüfung vollumfänglich an. Die Sachverständigenkosten sind nach französischem Recht ersatzfähig (ebenso LG Saarbrücken, Urt. v. 11.5.2015 – 13 S 21/16, juris Rn 33).

2. Der Nutzungsausfall ist nur i.H.v. weiteren 75 EUR ersatzfähig.

Die Kl. kann von der Bekl. eine Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. insgesamt 175 EUR verlangen, wovon 100 EUR wegen der Einspruchsbeschränkung bereits rechtskräftig zugesprochen sind.

a) Auch fiktive Nutzungsausfallkosten sind nach französischem Recht grds. ersatzfähig (Gutachten S. 28; vgl. Jantkowiak, in: Bachmeier, Regulierung von Auslandsunfällen, 2. Aufl. 2017, Frankreich, Abschnitt 2; Schadenshöhe, § 2, Rn 190).

b) Der Nutzungsausfall ist jedoch nur für 10 Tage zu ersetzen, anstatt der von der Kl. begehrten 12 Tage.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen bleibt die Beurteilung der Nutzungsausfallschäden nach französischem Recht den erstinstanzlichen Gerichten vorbehalten. Dabei bestehe grds. die Tendenz, auf die tatsächliche Dauer abzustellen, nicht auf Tabellen mit Ideal-Reparaturzeiten. Der Nutzungsausfall sei jedoch auf die technisch bedingte Dauer der Reparatur beschränkt (Gutachten S. 29, Jantkowiak, in: Bachmeier, Regulierung von Auslandsunfällen, 2. Aufl. 2017, Frankreich, Abschnitt 2: Schadenshöhe, § 2,...

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