Rechtsgrundlage eines Rechtsschutzversicherungsvertrages sind in der Regel die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 75). Gem. § 20 II 1 ARB 75, § 67 VVG geht ein Anspruch des Mandanten und Versicherungsnehmers gegen den unterliegenden Prozessgegner auf Erstattung der Kosten auf den Rechtsschutzversicherer über. Rechtlich umstritten ist nunmehr, wie dieser Rechtsübergang inhaltlich ausgestaltet ist und welche Konsequenzen dies für das Bestehen von Auskunfts- und Abrechnungsansprüchen hat.

Teilweise wird vertreten, dass dann, wenn der Rechtsschutzversicherer eine Kostendeckungszusage erteilt, der Anwalt vom Rechtsschutzversicherer einen Kostenvorschuss erhält und der Versicherungsnehmer gegen seinen unterliegenden Prozessgegner einen Kostenerstattungsanspruch erlangt, der Rechtsschutzversicherer gegenüber dem Anwalt einen Auskunfts- und Abrechnungsanspruch gem. §§ 675, 666 BGB i.V.m. § 20 II 1 ARB, § 67 VVG hat, da dieser als Hilfsanspruch zu dem aus §§ 675, 667 BGB bestehenden Herausgabeanspruch auf Seiten des Versicherungsnehmers in analoger Anwendung des § 401 BGB auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen ist.[1]

Nach der Gegenmeinung führt der Übergang der Kostenerstattungsansprüche des Versicherungsnehmers gegen den unterliegenden Prozessgegner gem. § 20 II 1 ARB 67 VVG auf den Rechtsschutzversicherer nicht gleichzeitig zu einem Übergang des Auskunfts- und Abrechnungsanspruchs gem. § 666 BGB des Versicherungsnehmers gegen seinen Anwalt. Vielmehr ist der Versicherungsnehmer gem. § 20 III 1 ARB 75 gehalten, die sich auf die Kostenerstattungsansprüche beziehenden Auskunftsansprüche gegenüber seinem Anwalt an den Rechtsschutzversicherer abzutreten, oder sie selbst geltend zu machen und die Informationen an den Versicherer weiterzuleiten.[2]

Vorzugswürdig ist die letztere Position. Würde man bei der vorliegenden Fallgestaltung die Regelung über den gesetzlichen Forderungsübergang gem. § 401 BGB anwenden, so hätte § 20 III 1 ARB 75 keine eigenständige Bedeutung mehr. § 20 III 1 ARB 75 ist jedoch als lex specialis einzustufen, da die Norm explizit die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Rechtsschutzversicherer regeln soll. Gegen eine Anwendung des § 401 BGB spricht auch der höchstpersönliche Charakter des Anwaltsvertrags. Mit ihm sind die damit verbundenen Auskunftsansprüche des Mandanten so eng verbunden, dass eine Herauslösung lediglich kraft gesetzlichem Forderungsübergang nicht möglich ist und § 20 III 1 ARB 75 insoweit eine andere Regelung geschaffen hat. Erwirbt der Rechtsschutzversicherer eigene Auskunftsansprüche kraft Forderungsübergang, so würde dies auch bedeuten, dass diese Ansprüche beim Mandanten nicht mehr bestehen. Auskunftsansprüche gehören ihrer Natur nach aber zum bindenden Inhalt des Anwaltsvertrages, so dass der Mandant sich ihrer nicht ohne ausdrückliche rechtsgeschäftliche Handlung begeben kann.[3] Aus gutem Grund begründet § 15 ARB 75 für den Versicherungsnehmer umfassende Informationspflichten gegenüber dem Rechtsschutzversicherer, denen er natürlich nur dann nachkommen kann, wenn er auch weiterhin Auskunftsansprüche gegenüber dem Anwalt hat.[4] Ergänzend ist anzuführen, dass nach allgemeiner Ansicht aus § 16 II ARB herzuleiten ist, dass dem Anwalt unter keinem Gesichtspunkt eigene Gebührenansprüche gegenüber dem Rechtsschutzversicherer zustehen.[5] Dementsprechend werden auch bei einer Abrechnung gegenüber dem Rechtsschutzversicherer Kostenrechnungen immer auf den Namen des Mandanten ausgestellt. Im Hinblick darauf wäre es unbillig, den Anwalt dann Auskunfts- und Abrechnungsansprüchen des Rechtsschutzversicherers auszusetzen.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Zahlung von Kostenvorschüssen an den Anwalt und das nachfolgende Obsiegen im Prozess mit der Entstehung eines entsprechenden Kostenerstattungsanspruches noch nicht dazu führt, dass der Rechtsschutzversicherer gegenüber dem Anwalt einen Auskunfts- und Abrechnungsanspruch besitzt. Dies gilt auch dann, wenn der Anwalt die Kosten gegen den unterlegenen Gegner lediglich festsetzen lässt, diese aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss aber nicht realisiert.

[1] AG Hamburg, r+s 1996, 316 f., 361; Harbauer, § 16 ARB 75 Rn 7, § 20 ARB 75 Rn 13; aus berufsrechtlicher Sicht Feuerich/Weyland, (o. Fußn. 7), § 44 Rn 29.
[2] Prölss/Martin, (o. Fußn. 3), § 20 ARB 75 Rn 3; Bergmann, VersR 1981, 512, 516.
[3] So Bergmann, VersR 1981, 512, 516.
[4] Bergmann, VersR 1981, 512, 515, 516.
[5] S. Fußn. 3.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge