Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.

1. Schmerzensgeld:

Der dem Gericht seit vielen Jahren hilfreiche Sachverständige Dipl.-Ing. F, der über außerordentlich große forensische Erfahrungen verfügt, hat hier ein Gutachten erstattet, das zum Ergebnis kommt, dass bei einer Kollisionsgeschwindigkeit von 42 km/h unfallbedingt eine Verzögerung von 7 × g eingetreten ist.

Damit liegen eine nicht unerhebliche Kollisionsgeschwindigkeit und Verzögerung vor.

Weiter war zu sehen, dass es sich nicht um einen "üblichen" Auffahrunfall gehandelt hat, sondern um eine Frontalkollision, die mit erheblich anderer, auch subjektiv-psychischer Auswirkung, sich ereignet hat. Es macht für das Gericht einen Unterschied, ob ein Fahrzeug von hinten am Ende einer Kolonne auffährt, oder ob ein anderes Fahrzeug frontal entgegenkommt und in das selbst gesteuerte Fahrzeug kracht.

Zu sehen waren für die Höhe des Schmerzensgeldes weiter die Verletzungen und ihre Folgen.

Hier hat sich das Gericht der Unterstützung des forensisch erfahrenen Prof. Dr. W bedient.

Dieser hat detailliert, nachvollziehbar und umfassend die gesundheitliche Problematik bei der Klägerin begutachtet. Er kam dabei zum Ergebnis, dass keine nennenswerten Folgen des Unfalls zurückgeblieben sind und es sich bei den primären Verletzungen um diverse Prellungen, auch besonders schmerzhaftere Art im Brustbereich und Distorsionen gehandelt hat, was im Einklang mit der Kollisionsgeschwindigkeit zu bringen ist.

Weiter wird im Gutachten von Dr. W medizinisch erklärbar folgende Minderung der Erwerbs- und Haushaltsführungsfähigkeit dargestellt:

Vom 9.11.2020 bis 30.11.2020: 100 %

Vom 01.12. bis 31.12.2020: 50 %

Vom 01.01. bis 31.1.2021: 20 %

Danach liegt eine Minderung aufgrund von Unfallfolgen aus den genannten Gründen nicht mehr vor.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände und des Umstandes, dass der Frontal-Unfall ausschließlich und allein von der Gegenseite verursacht wurde, erscheint ein Schmerzensgeld von insgesamt 3.900,00 EUR angemessen, auf das bereits 500,00 EUR bezahlt wurden, weshalb noch 3.400,00 EUR auszuurteilen waren.

2. Haushaltsführungsschaden

Das Gericht erachtet sich aufgrund eigener Erfahrung für den zeitlichen Umfang als sachkundig zur Beurteilung von anfallender Haushaltsarbeit in Haushalten der Größenordnung 1 – 4 Personen, worunter auch der vorliegende Haushalt fällt.

Unter Berücksichtigung der üblicherweise anfallenden Zeiten für die Nahrungsmittelzubereitung, die Reinigungsarbeiten, die Arbeiten bezüglich der Versorgung der Wäsche und der weiteren im Haushalt üblicherweise anfallenden Arbeiten erscheint ein Zeitaufwand von 3 Stunden pro Tag nachvollziehbar und zutreffend. Dazu kommen 2 Stunden Pflegeaufwand, geschätzt anhand der Pflegestufen für das Krankheitsbild, somit insgesamt 5 h/Tag.

Bei einem Stundensatz von 14,00 EUR, auf dessen Höhe noch einzugehen sein wird, und 5 Stunden pro Tag, sowie 7 Tagen pro Woche ergeben sich insgesamt 3.059,– EUR:

Vom 9.11.2020 bis 30.11.2020: 100 % > 22 Tage a 5 und 5 × 14 = 70 EUR/Tag = 1.540 EUR

Vom 01.12. bis 31.12.2020: 50 %: > 31 Tage, 50 % = 1.085 EUR

Vom 01.01. bis 31.1.2021: 20 %: > 14 Tage 25 % = 434 EUR

Zum Stundensatz:

Das erkennende Gericht legt seit Jahren bei Haushaltsführungsschäden den Betrag zugrunde, der sich aus § 21 JVEG ergibt; die Zugrundelegung erfolgt auf der Basis von § 287 ZPO (vgl. z.B. LG Tübingen, Urt. v. 10.12.2013, 5 O 80/13, juris).

Das Gericht hat in der zitierten Entscheidung ausgeführt:

"Als Stundensatz wurden unter Anwendung von § 287 ZPO … 12,00 EUR (Anm.: heute 14,00 EUR) zugrunde gelegt. Der Gesetzgeber geht in § 21 JVEG von einer Entschädigung von Nachteilen bei der Haushaltsführung von (Anm.: heute) 14,00 EUR aus. Damit gibt der Gesetzgeber eine eigene, pauschalierende Bewertung für den Wert dieser Tätigkeiten ab; auch unter pauschalierender Anwendung von § 287 ZPO ist kein Grund ersichtlich, bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens hiervon abzuweichen. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn ein Unfallverletzter für die Zeit, in der er verletzungsbedingt den Haushalt nicht führen kann, eine geringere Entschädigung erhalten würde, als in der Zeit, in der er wegen desselben Unfalls Monate später vor Gericht als Zeuge aussagt und deswegen an seiner Haushaltstätigkeit gehindert ist."

Die obergerichtliche Rechtsprechung ist diesen Erwägungen bisher, unterstützt von einigen wenigen Literaturstellen, nicht gefolgt, vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 18.10.2018, 22 U 97/16, juris. Dort ist ausgeführt, dass die Anknüpfung des Landgerichts Tübingen an § 21 JVEG abzulehnen wäre, weil der Anknüpfungspunkt ein anderer wäre. Zur weiteren Begründung wird auf einen Aufsatz von Wenker verwiesen. Wenker wiederum hat sich in einer Urteilsanmerkung mit der Rechtsprechung des Landgerichts Tübingen befasst (Wenker, Juris PR-VerkR 3/2016, Anmerkung 3, Juris). Zur Begründung führt Wenker aus, dass bei der Bemessung eines Haushaltsführungsschadens es nicht um eine Inanspruchnahme von wenigen Stunden als Zeuge ginge, sond...

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