[7] “ … II. … 1. … a) Das Berufungsgericht durfte das Gutachten E und das Privatgutachten N nicht zur Grundlage seines Urteils machen. Diese Gutachten berücksichtigten Symptome, die der Kläger am 6.3.1996 nach seinem Prozessvortrag aufwies, nicht erkennbar in der erforderlichen Weise.

[8] Nach dem Inhalt des Beweisbeschlusses vom 12.4.2000 hatte der Sachverständige die Schilderungen der Ehefrau des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.3.2000 zu berücksichtigen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass das kardiologisch-pneumologische Gutachten E/B und der Privatsachverständige N bei Erstellung ihrer Gutachten davon ausgegangen wären, der Kläger sei am Morgen des 6.3.1996 schweißgebadet gewesen und habe unter Schwindel gelitten, über starke Schmerzen im Nacken- und Brustbereich sowie darüber geklagt, dass er fast keine Luft bekomme. Sie berücksichtigen die Schwindelgefühle und die Atemnot des Klägers nicht in nachvollziehbarer Weise. Schließlich ist der Sachverständige B im Ergänzungsgutachten vom 8.7.2004 trotz des Antrags des Klägers … nicht darauf eingegangen, ob die genannten Symptome in Übereinstimmung mit dem Gutachten D typisch für einen Herzinfarkt sind.

[9] Dadurch, dass das Berufungsgericht diese Gutachten dennoch ausführlich selbst gewürdigt und seiner Entscheidung zu Grunde gelegt und die Auslassungen und die – in erster Instanz ausdrücklich gerügten – Widersprüche zu den Gutachten D … nicht geklärt hat, hat es seinerseits den Kern des entscheidungserheblichen Klägervortrags nicht berücksichtigt (§ 543 Abs. 2 S. 1 Ziff. 2 Alt. 1 ZPO) und damit den Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG fortgesetzt. Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache (§ 544 Abs. 7 ZPO). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung der Angaben der Ehefrau des Klägers durch die Sachverständigen zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre. Insbesondere kann die Kausalität der Behandlung für den Schaden des Klägers nach den derzeitigen Feststellungen nicht verneint werden. Hätte der Beklagte die differenzialdiagnostische Möglichkeit eines akuten Herzinfarkts als nahe liegend berücksichtigen müssen, hätte er sie entweder selbst ausschließen oder den Kläger umgehend in ein Krankenhaus einweisen müssen, damit die für einen Ausschluss erforderlichen Befunde erhoben worden wären. Dann wären möglicherweise der Eintritt eines Herz- und Kreislaufstillstands oder doch die Folge einer hypoxischen Schädigung bei der zu unterstellenden ordnungsgemäßen Behandlung vermieden worden (vgl. BGH v. 27.4.2004, BGHZ 159, 48, 56 f. = BGHReport 2004, 1077 m. Anm. Laumen = GesR 2004, 290 = MDR 2004, 1055 m.w.N.). …

[11] 2. Das Berufungsurteil hat nicht aus einem anderen Grund Bestand (§ 561 ZPO). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeerwiderung kann nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass ein akuter Herzinfarkt des Klägers im Zeitpunkt des Arztbesuchs des Beklagten unwahrscheinlich oder äußerst unwahrscheinlich gewesen sei. Eine solche Wertung würde eine sachkundige Stellungnahme unter Berücksichtigung auch des Schweißausbruchs des Klägers, seiner Atemnot, der Schwindelgefühle sowie des Schmerzbildes voraussetzen, an der es bislang fehlt. … “

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