StVG § 3 Abs. 1 S. 1; FeV § 46 Abs. 3; FeV Anl. 4 Nr. 9.1; BtMG § 1 Abs. 1

Leitsatz

Schon die einmalige und bewusste Einnahme von Betäubungsmitteln i.S.d. Betäubungsmittelgesetzes (außer Cannabis) rechtfertigt nach der vom Verordnungsgeber in Nr. 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV vorgenommenen Bewertung im Regelfall die Annahme der Ungeeignetheit.

SächsOVG, Beschl. v. 30.11.2020 – 6 B 257/20

Sachverhalt

Der ASt. wurde am 12.6.2019 im Rahmen einer polizeilichen "Standkontrolle" als Führer eines Kfz kontrolliert und zeigte nach dem polizeilichen Bericht drogentypische Auffälligkeiten. Er räumte ein, etwa einen Monat zuvor Crystal Meth konsumiert zu haben. Die Analyse der sodann entnommenen Blutprobe ergab ausweislich des Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der M. v. 8.11.2019 eine Methamphetaminkonzentration von 2,7 ng/ml. Im Gutachten wurde darauf hingewiesen, dass aus toxikologischer Sicht bei diesem Wert nicht von einer drogenbedingten Fahrunsicherheit des ASt. auszugehen sei, zumal auch der ärztliche Untersuchungsbericht keine Ausfallerscheinungen oder drogenbedingten Auffälligkeiten des ASt. aufzeige. Mit Bescheid v. 28.5.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesamtes v. 16.7.2020 verfügte die AG – jeweils unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit – die Entziehung der Fahrerlaubnis (Klasse B) und forderte den ASt. auf, den Führerschein binnen einer Woche nach Zustellung des Bescheids abzugeben. Ferner drohte sie dem ASt. für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins ein Zwangsgeld i.H.v. 250 EUR an und setzte Verwaltungsgebühren i.H.v. 125,00 EUR sowie Auslagen i.H.v. 2,61 EUR fest. Das VG Leipzig lehnte den Antrag des ASt. auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung insgesamt ab (VG Leipzig, Beschl. v. 29.6.2020 – 1 L 316/20). Die Beschwerde hiergegen hat das SächsOVG zurückgewiesen.

2 Aus den Gründen:

"… Schon die einmalige und bewusste Einnahme von Betäubungsmitteln i.S.d. Betäubungsmittelgesetzes (außer Cannabis) rechtfertigt nach der vom Verordnungsgeber in Nr. 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV vorgenommenen Bewertung im Regelfall die Annahme der Ungeeignetheit. Dies gilt unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen (SächsOVG, Beschl. v. 10.12.2014 – 3 B 148/14, juris Rn 8). Die Mehrheit der OVG hält es dabei zudem für unerheblich, ob das Führen eines Kfz unter dem Einfluss von Drogen nachgewiesen ist (BayVGH, Beschl. v. 17.5.2019 – 11 CS 19.308, juris Rn 14; Beschl. v. 5.2.2018 – 11 ZB 17.2069, juris Rn 10; SaarlOVG, Beschl. v. 24.4.2018 – 1 B 105/18, juris Rn 10; VGH BW, Urt. v. 27.7.2016 – 10 S 1880/15, juris Rn 20; Beschl. v. 7.4.2014 – 10 S 404/14, juris Rn 5; OVG Bremen, Beschl. v. 30.6.2003 – 1 B 206/03, juris Rn 5; NdsOVG, Beschl. v. 11.8.2009 – 12 ME 156/09, juris Rn 7; OVG Rh.-Pf. – 10 B 10142/18, juris Rn 3; OVG NRW, Beschl. v. 6.3.2007 – 16 B 332/07, juris Rn 4; OVG LSA, Beschl. v. 14.6.2013 – 3 M 68/13, juris Rn 6; ThürOVG, Beschl. v. 9.7.2014 – 2 EO 589/13, juris Rn 14; OVG M-V, Beschl. v. 28.1.2013 – 1 M 97/12, juris Rn 6; OVG Hamburg, Beschl. v. 20.11.2007 – 3 So 147/06, juris Rn 6; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.2.2008 – 1 S 186/07, juris Rn 6; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 2 StVG Rn 53 m.w.N.). Denn bereits der Wortlaut der in Rede stehenden Bewertung spricht dafür, dass nur bei der gelegentlichen Einnahme von Cannabis (vgl. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV) ein Trennungsvermögen des Fahrerlaubnisinhabers hinsichtlich Konsum und Fahren von Bedeutung ist. Hierauf kommt es vorliegend jedoch nicht an, da das Führen eines Kfz vom ASt. im Beschwerdeverfahren nicht in Frage gestellt wird."

Gegen die Feststellung seiner Nichteignung beruft sich der ASt. ohne Erfolg auf die geringe Konzentration an festgestelltem Methamphetamin in seinem Blut. Aufgrund der durch das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der M. v. 8.11.2019 nachgewiesenen Methamphetamin- Konzentration von 2,7 ng/ml steht jedenfalls fest, dass der ASt. Betäubungsmittel i.S.v. § 1 Abs. 1 BtMG mit Ausnahme von Cannabis eingenommen hat. Im Übrigen hat er auch eingeräumt, Crystal Meth konsumiert zu haben, unter dessen Namen in der Szene Methamphetamin gehandelt wird. Der Umstand, dass die ermittelte Methamphetamin-Konzentration den von der Grenzwertkommission beschlossenen Wert von 25 ng/ml unterschreitet, steht der Annahme des Eignungsausschlusses nach Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV nicht entgegen. Dieser Grenzwert hat wegen der gebotenen verfassungskonformen Auslegung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.12.2004 – 1 BvR 2652/03, juris) zwar Bedeutung für die Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes des § 24a Abs. 2 StVG, wonach ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kfz führt. Dagegen spielt dieser Gr...

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