AUB 88 § 2 Abs. 4 § 7

Leitsatz

1. Im Rahmen der Unfallversicherung sind nur die körperlichen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, die innerhalb der maßgeblichen Frist als invaliditätsbegründend festgestellt worden sind. Im Hinblick auf den Inhalt der ärztlichen Invaliditätsfeststellung bestehen grds. keine Hinweispflichten des VR.

2. Der Versicherungsschutz ist nach § 2 Abs. 4 AUB 88 wegen krankhafter Störung infolge psychischer Reaktionen ausgeschlossen, wenn bei einer krankhaften Störung jegliche organische Ursache mit der nach § 268 ZPO erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

3. Zur Frage des Ausschlusses jeglicher organischer Ursache (hier insb. auf orthopädischem und neurologischem bzw. neurochirurgischem Gebiet) bei einem Auffahrunfall mit HWS-Schleudertrauma.

(Amtliche Leitsätze)

4. Zu den Kriterien der Auseinandersetzung mit medizinischen Sachverständigengutachten bei einem HWS-Trauma.

(Leitsatz der Schriftleitung)

OLG Köln, Urt. v. 25.4.2012 – 5 U 28/06

Sachverhalt

Die 1966 geborene Kl. unterhielt bei der Bekl. eine Unfallversicherung, der die AUB 88 zugrunde lagen. Die Versicherungssumme betrug 200.000 DM. Für die Altersgruppe der Kl. war eine Verdoppelung der Leistung bei einem Invaliditätsgrad ab 80 % vorgesehen. Am 19.7.1998 befand sich die Kl. als Beifahrerin in einem Pkw, der bei einem Verkehrsunfall mit der vorderen Seite gegen einen von rechts aus einer untergeordneten Straße kommenden Wagen stieß. Die Kl. wurde mit dem Rettungswagen in das N Krankenhaus gebracht. Im Aufnahmebogen ist als Untersuchungsergebnis unter anderem "Wirbelsäule o.B." vermerkt. Die durchgeführten Röntgenaufnahmen ergaben keine pathologischen Befunde. Der Entlassungsbericht v. 20.7.1998 enthält die Diagnosen "Stumpfes Bauchtrauma, Thoraxprellung rechts mit Gurtprellmarken, V.a. HWS-Distorsion". Weiter heißt es: "Bei nur geringer Beschwerdesymptomatik im Bereich der HWS wurde zunächst auf eine anatomische Zervicalstütze verzichtet."

Die Kl. hat behauptet, dass bei ihr ein unfallbedingter Invaliditätsgrad von 100 % vorliege. Nach ihren Angaben gegenüber den sie behandelnden und untersuchenden Ärzten leidet sie insb. an Kopfschmerzen, Schmerzen und Verspannungen in Nacken und Schulter, Gefühlsstörungen (Taubheit, Kälte) und Kraftlosigkeit im linken Arm und teils im linken Bein, Schwindel, Störungen des Sehens, Hörens und Riechens sowie einem Aufmerksamkeitsdefizit.

2 Aus den Gründen:

“ … Die Kl. kann von der Bekl. aus der Unfallversicherung die Zahlung von 199.403,83 EUR nicht verlangen.

Hinsichtlich solcher Beeinträchtigungen, die in das hals-nasen-ohren-ärztliche und das augenärztliche Fachgebiet fallen, fehlt es bereits an der nach § 7 Abs. 1 S. 1 AUB 88 erforderlichen rechtzeitigen ärztlichen Invaliditätsfeststellung. Im Übrigen geht der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass der Unfall zu einer dauernden gesundheitlichen Beeinträchtigung der Kl. geführt hat. Ob dies für sämtliche von der Kl. beklagten Beschwerden und Symptome oder nur einen Teil davon gilt, kann dahinstehen. Der Versicherungsschutz ist gem. § 2 Abs. 4 AUB 88 ausgeschlossen, weil es sich um krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen handelt.

1. Wie in der Verfügung v. 3.7.2006 bereits dargelegt, sind gesundheitliche Beeinträchtigungen der Kl., die in das hals-nasen-ohren-ärztliche und das augenärztliche Fachgebiet fallen, schon mangels fristgerechter Invaliditätsfeststellung nicht zu berücksichtigen.

Aus den innerhalb der gem. § 7 Abs. 1 S. 1 AUB maßgeblichen Frist von 15 Monaten ab dem Unfall erstellten ärztlichen Berichten und Stellungnahmen ergibt sich nicht, dass auf den Unfall zurückzuführende Hör- oder Sehstörungen die körperliche Leistungsfähigkeit der Kl. auf Dauer mindern. Dies gilt insb. für den nervenärztlichen Befundbericht von X. v. 15.7.1999 und den Bericht der Orthopädin E v. 2.9.1999, die der Bekl. übermittelt wurden und die für das Gebiet der Neurologie und der Orthopädie als Invaliditätsfeststellung anzusehen sind. Es entspricht gefestigter Rspr., dass dann, wenn mehrere das Ausmaß der Invalidität beeinflussende körperliche Beeinträchtigungen vorliegen, für den Entschädigungsanspruch nur diejenigen zu berücksichtigen sind, die fristgerecht als invaliditätsbegründend festgestellt worden sind (OLG Oldenburg r + s 2004, 34; OLG Hamm NVersZ 2001, 315, 316; OLG Hamm VersR 1997, 1389; OLG Frankfurt VersR 1993, 1139, 1140). Dies ist auch ohne weiteres einleuchtend, denn die Invaliditätsfeststellung soll es dem VR ermöglichen, das Ausmaß der Invalidität nachprüfen zu können. Werden … neben orthopädischen und neurologischen Beschwerden auch solche auf dem Fachgebiet der Augenheilkunde und des HNO-Bereichs behauptetet, muss dem VR die Beauftragung entsprechender Fachgutachter möglich sein. Weiß dieser mangels entsprechender ärztlicher Feststellung nichts von den insoweit behaupteten weiteren Dauerschäden, kann er sich mit Recht auf die Versäumung der Frist des § 7 Abs. 1 S. 1 AUB 88 berufen.

In der Berufung auf die Fristversäumnis liegt im konkreten ...

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