[5]" I. Nach Auffassung des BG stehen der Bekl. weitere 720,30 EUR Reparaturkosten zu. Ein erforderlicher Reparaturaufwand bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts des Fahrzeugs könne grds. verlangt werden, wenn die durch Sachverständigengutachten ermittelten Reparaturkosten diesen Betrag überstiegen und der Geschädigte durch eine fachgerechte Reparatur zum Ausdruck bringe, dass er das Fahrzeug in einen Zustand wie vor dem Unfall versetzen wolle. Diese Voraussetzungen lägen nach dem Gutachten des Gerichtssachverständigen vor. Das Fahrzeug der Kl. sei unter Verwendung von Gebrauchtteilen fachgerecht repariert worden, da die verwendeten Ersatzteile den beschädigten Fahrzeugteilen gleichwertig seien.

[6] Der Kl. stehe auch die beanspruchte Nutzungsentschädigung für einen weiteren Tag, insgesamt also für 16 Tage, zu.

[7] II. Die Revision der Bekl. hat insoweit Erfolg, als das BG der Kl. weitere Reparaturkosten i.H.v. 720,30 EUR zugesprochen hat. Hinsichtlich der zusätzlichen Nutzungsausfallentschädigung für einen weiteren Tag ist das Berufungsurteil nicht zu beanstanden.

[8] 1. Die Auffassung des BG, die Kl. könne über die bereits ersetzten Reparaturkosten i.H.v. 2.139,70 EUR hinaus von der Bekl. die Erstattung weiterer Reparaturkosten i.H.v. 720,30 EUR verlangen, steht nicht in Einklang mit der Rspr. des erkennenden Senats.

Insoweit begehrt die Kl. den Ersatz fiktiver Reparaturkosten i.H.v. bis zu 130 % des vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswerts, obwohl für die tatsächlich durchgeführte Reparatur nur Kosten i.H.v. 2.139,70 EUR angefallen sind. Nach der Rspr. des Senats können jedoch Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs liegen, bis zur sog. 130 %-Grenze nur verlangt werden, wenn sie tatsächlich angefallen sind und die Reparatur fachgerecht und zumindest wertmäßig in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurt. v. 15.2.2005 – VI ZR 70/04, BGHZ 162, 161, 167 ff.; vom 8.12.2009 – VI ZR 119/09, VersR 2010, 363 Rn 5 ff.). Entgegen der Auffassung der Kl. ist damit nicht die generelle Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung bis zur 130 %-Grenze eröffnet. Die Kl. kann mithin über die bereits gezahlten konkret angefallenen Reparaturkosten hinaus nicht den Ersatz weiterer Reparaturkosten verlangen.

[9] 2. Keinen Erfolg hat die Revision, soweit sie sich dagegen wendet, dass das BG der Kl. Nutzungsausfall i.H.v. 38 EUR für einen weiteren Tag zugesprochen hat.

[10] a) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zu Grunde gelegt hat (vgl. Senatsurt. v. 18.5.2010 – VI ZR 293/08, VersR 2010, 1054 Rn 3 m.w.N.). Im Streitfall ist die Schätzung des Tatrichters revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das BG hat insb. der Kl. nur den im Berufungsrechtszug beantragten weiteren Nutzungsausfall für einen Tag zuerkannt, also nicht einen Nutzungsausfall sowohl hinsichtlich des Unfalltags als auch hinsichtlich des Tags, an welchem das reparierte Fahrzeug aus der Werkstatt abgeholt wurde. Zudem ist nicht zu beanstanden, dass das BG den Nutzungsausfall auch für die Zeit zugesprochen hat, in der die Kl. wegen ihres Fahrradunfalls verletzt war, weil ihr Ehemann das Fahrzeug (auch) benutzt hat und davon auszugehen ist, dass er sie während dieser Zeit – etwa bei notwendigen Arztbesuchen – befördert hätte.

[11] b) Die Revision ist auch nicht deswegen begründet, weil die Bekl. gegen den Anspruch auf Zahlung weiterer Nutzungsausfallentschädigung die Aufrechnung mit überzahlten Reparaturkosten erklärt hat. Die Kl. hat im Streitfall nämlich nicht nur einen Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands i.H.v. 1.400 EUR; ihr steht vielmehr der Ersatz der von der Bekl. gezahlten Reparaturkosten i.H.v. 2.139,70 EUR zu.

[12] Zwar ist die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur – wie hier – mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen. In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grds. nur die Wiederbeschaffungskosten verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (vgl. Senatsurt. v. 15.10.1991 – VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378 ff.; vom 10.7.2007 – VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn 6). In seinem Urt. v. 10.7.2007 hat der Senat ...

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