Noch bis zum 31.12.2024 können Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern eine steuer- und sozialabgabenfreie Inflationsausgleichsprämie bezahlen. Angesichts der hohen Inflation in der letzten Zeit handelt es sich um ein gutes Instrument, den Arbeitnehmern etwas den zunehmenden Preisdruck zu nehmen.

Aber wer zahlt eigentlich den meist selbstständigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte eine Inflationsausgleichsprämie? Natürlich niemand. Im Gegenteil, sie sind dem zunehmenden, hohen Kostendruck weiter ausgesetzt. Es gibt keinen Bereich, in dem es nicht zu Kostensteigerungen gekommen ist. Die Mieten, die Kosten der IT, die Personalkosten, die Energiekosten usw. haben stark zugelegt. In der Regel steigen die Kosten jedoch mehr als der Umsatz. Im Ergebnis schrumpft der Gewinn.

Auch wenn es zuletzt zum 1.1.2021 eine Gebührenerhöhung gegeben hat, besteht hierfür bereits jetzt wieder dringender Handlungsbedarf. Denn die seitherige Inflation hat die damalige Anhebung der Gebührensätze längst vollständig aufgebraucht. Damals waren die Gebühren linear um 10 % angehoben worden. Im Zeitraum bis heute hat die Inflation aber bereits 11,25 % betragen.

Gerade in den letzten beiden Jahren ist die Inflationsrate aufgrund der Corona-Pandemie, der Energiekriese und des Ukraine-Krieges stark gestiegen. Wie die Erfahrung gezeigt hat, ist selbst dann nicht mit einer Rücknahme dieser Preissteigerungen zu rechnen, wenn die genannten Faktoren eines Tages nicht mehr vorhanden sind. Während die jüngst ausgehandelten Tarifverträge (z.B. TVöD) Lohnerhöhungen von über 10 % vorsehen, gehen die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bislang leer aus. Der Versuch, höhere Umsätze mit Vergütungsvereinbarungen zu erzielen, ist keine Lösung. Derartige Vereinbarungen sind im Verkehrsrecht ohnehin schwer durchsetzbar. Im Bereich der Unfallregulierung wird ein Geschädigter bei einem Blechschaden kaum bereit sein, eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen. Auch bei Verkehrsordnungswidrigkeiten und -strafsachen sind die Mandanten häufig rechtsschutzversichert und deshalb nur in besonderen Situationen bereit, mehr als die in der Rechtschutzversicherung vereinbarte Selbstbeteiligung aus eigener Tasche zu bezahlen. Speziell in diesen Fällen kommt die Konkurrenz hinzu, die im großen Stil über das Internet Mandate generiert, indem sie hierbei bisweilen den Eindruck vermittelt, kostenlos zu verteidigen.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind kraft Gesetzes Organe der Rechtspflege. In dieser Eigenschaft sollen sie der gesamten Bevölkerung den Zugang zu Recht ermöglichen. Dies erfordert aber auskömmliche Gebühren, damit Fälle mit geringen Streitwerten durch solche mit höheren Streitwerten ein Stück weit ausgeglichen werden können.

Wie es anders gehen könnte, zeigt beispielsweise die automatische Anpassung der Diäten der Bundestagsabgeordneten. Diese sind an den Normallohnindex gekoppelt. Bis auf ein einziges Jahr sind sie durch diesen Mechanismus kontinuierlich gestiegen. Dagegen muss die Anwaltschaft immer wieder als Bittsteller auftreten. Dies führt dazu, dass es zwischen den Erhöhungen zu überlangen Pausen kommt, da z.B. die Länder höhere Ausgaben im Bereich der Verfahrens- und Prozesshilfekosten befürchten und deshalb einer Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren kritisch gegenüberstehen. Die Zahl der – ohne Ratenzahlung – bewilligten Prozesskostenhilfeanträge beim Amtsgericht sind jedoch seit Jahren rückläufig: Wurden im Jahr 2018 insgesamt 37.715 Anträge bewilligt, waren es 2020 noch 29.200 und 2022 nur noch 21.782. Im dargestellten Zeitraum ist dies ein Rückgang von 42,2 %. Die Kosten für die Beratungshilfe haben sich zwischen 2018 (rd. 54 Mio. EUR) und 2021 (rd. 32 Mio. EUR) ebenfalls um 41,2 % reduziert.

Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es noch in dieser Legislaturperiode zu der überfälligen Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren kommt.

Autor: Martin Diebold

RA Martin Diebold, FA für Verkehrsrecht, Tübingen

zfs 2/2024, S. 61

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