(Beschl. v. 10.2.2022)

1. Das LG hat die auf Rückabwicklung eines fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrages nach einem vom Kl. erklärten Widerruf gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. …

a) Dem Kl. steht weder der geltend gemachten Auskunftsanspruch noch der bislang unbezifferte Leistungsanspruch zu. Steht fest, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt, ist die Stufenklage insgesamt abzuweisen unabhängig davon, dass sie sich gegenwärtig noch in der ersten Stufe befindet (vgl. BGH, NJW 2002, 1042.). So liegt es hier. Ein Zahlungsanspruch des Kl. besteht nicht. Er ergibt sich insbesondere nicht aus § 9 VVG, §§ 346 ff., 355, 357a BGB. Denn der vom Kl. im Dezember 2020 erklärte Widerruf erfolgte nicht fristgerecht. Die Widerrufsfrist von 14 Tagen war in diesem Zeitpunkt lange abgelaufen. Der Lauf der Frist wurde bei Vertragsschluss im Jahr 2011 wirksam in Lauf gesetzt.

aa) Die dem Kl. im Versicherungsschein erteilte Belehrung war i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG deutlich gestaltet. Sie ist nicht nur insgesamt in Kursiv- und Fettdruck gehalten, sondern zusätzlich durch eine schwarze Linie umrandet. Dadurch ist sie in einer Weise hervorgehoben, dass sie nach der tatrichterlichen Würdigung des Senats einem durchschnittlichen VN nicht entgehen konnte, auch wenn er nicht danach sucht (vgl. zu § 5a VVG a.F. BGH, VersR 2004, 497).

bb) Auch inhaltlich ist die Belehrung – jedenfalls für den hier in Rede stehenden Fall – ordnungsgemäß. (1) Entgegen dem Berufungsvorbringen bürdet die Belehrung dem VN nicht in unzulässiger Weise ein Subsumtionsrisiko auf, weil sie Ausführungen sowohl zur Konstellation der erteilten Zustimmung zum sofortigen Versicherungsbeginn als auch dazu enthält, was gilt, wenn diese Zustimmung nicht erteilt wird. Der BGH hat bereits entschieden, dass allein die Verwendung von Konditionalsätzen eine Belehrung keineswegs zwingend fehlerhaft macht, nur weil der VN in einem solchen Fall entscheiden muss, ob die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht (BGH BeckRS 2020, 32187).

Auch vorliegend ist die Gestaltung der Belehrung unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. Sie entspricht – worauf das LG zu Recht hinweist – insoweit der Musterbelehrung. Die gegen die Belehrung von der Berufungsbegründung erhobenen Einwände sind offensichtlich unbegründet. Zwar ist bei einer Abweichung von der Musterbelehrung im Einzelfall zu entscheiden, ob die Belehrung in ihrer Gesamtheit ordnungsgemäß ist oder nicht. Das ändert aber nichts daran, dass sich schon der Musterbelehrung eindeutig entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber es für zulässig (und sogar geboten) hielt, dass die Belehrung verschiedene Fallkonstellationen abdeckte und zu ihrer Abgrenzung auch Konditionalsätze verwendete.

Im Übrigen ist entscheidend, dass der VN leicht beurteilen konnte, welche der Alternativen auf ihn zutrifft. Denn er wusste, ob er einem Beginn des Versicherungsschutzes vor Ablauf der Widerrufsfrist zugestimmt hatte oder nicht.

(2) Auch die fehlende Angabe, dass im Fall einer Rückabwicklung auch Nutzungen herauszugeben sind, macht die Belehrung im hier zu beurteilenden Fall nicht fehlerhaft.

(a) Allerdings trifft es zu, dass für den Fall, dass der Versicherungsschutz nicht vor dem Ende der Widerrufsfrist beginnt, eine solche Angabe erforderlich ist, was nicht zuletzt dadurch deutlich wird, dass sie auch in der Musterbelehrung enthalten ist (OLG Karlsruhe VersR 2019, 865).

(b) Im vorliegenden Fall ist das Fehlen dieser Angabe jedoch deshalb unschädlich, weil der Kl. als VN einem sofortigen Beginn des Versicherungsschutzes gerade doch zugestimmt hatte und deshalb derjenige Teil der Belehrung, der sich mit einem erst späteren Beginn des Versicherungsschutzes befasste, für ihn offensichtlich und leicht erkennbar bedeutungslos war.

Nach der Rechtsprechung des BGH, welcher auch der erkennende Senat folgt, ist die Ordnungsgemäßheit einer Belehrung grundsätzlich abstrakt zu beurteilen. Deshalb ist es beispielsweise ohne Belang, ob der VN etwa zufällig von einem Umstand, über den er nicht belehrt wurde, anderweitig ohnehin Kenntnis hat (BGH BeckRS 2016, 111 440 zu § 5a VVG a.F.), oder ob etwa eine den VN konkret betreffende, aber abstrakt falsche Angabe im konkreten Fall sich doch zufällig als richtig darstellt (BGH BeckRS 2015, 13132, ebenfalls zu § 5a VVG a.F.).

Diese Rspr bedeutet aber entgegen dem Vorbringen in der Berufungsbegründung keineswegs, dass ein Schweigen der Belehrung zu einem Punkt, welcher eine für den VN offensichtlich nicht einschlägige Fallkonstellation betrifft, zu einem sog. "ewigen Widerrufsrecht" führt. Vielmehr ändert die Rspr des BGH nichts daran, dass eine solche "Unvollständigkeit" der Belehrung dann unschädlich ist, wenn sie sich im konkreten Fall unter keinen Umständen auswirken konnte, weil sie ausschließlich eine tatsächlich nicht gegebene Fallgestaltung betrifft und gerade diejenige Konstellation, welche beim VN vorlag, zutreffend umschrieben wird (Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 31. Aufl. 2021,...

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