Für die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftige Bußgeldentscheidung abgeschlossenen Verfahrens wird auf die Vorschriften der §§ 359373a StPO, soweit sich aus § 85 OWiG nichts anderes ergibt, verwiesen. Die Wiederaufnahmegründe zugunsten des Verurteilten sind in § 359 StPO i.V.m. § 85 Abs. 1 OWiG aufgelistet. So ist die Wiederaufnahme etwa zulässig, wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war (Nr. 1), wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat (Nr. 2) und wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlasst ist (Nr. 3). Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist auch nach § 359 Nr. 4 StPO zulässig, wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist. Entsprechend ist diese Ziffer auf eine spätere verwaltungsgerichtliche Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes, der die Strafbarkeit begründet hat, anzuwenden.[9]

Die höchste praktische Bedeutung hat Nr. 5: Die Wiederaufnahme des Verfahrens zugunsten des Betroffenen ist zulässig, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind. Neu ist nach dieser Vorschrift eine Tatsache schon, wenn sie dem erkennenden Gericht bzw. hier der Verwaltungsbehörde zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht bekannt war oder durch die Verwaltungsbehörde bei der Entscheidung nicht zugrunde gelegt worden ist.[10] Die Frage, ob eine Tatsache neu i.S.v. § 359 Nr. 5 StPO ist, ist im Wiederaufnahmeverfahren notfalls im Wege des Freibeweises zu klären.[11]

[9] LG Berlin NStZ-RR 2017, 121.
[10] LG Stuttgart VRR 2008 283.
[11] BVerfG SVR 2015, 36.

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