"Die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie sich weiterhin gegen die sofortige Vollziehung des Entzugs ihrer Fahrerlaubnis (Klassen A, A2, AM, D, BE, C1E, D1E und L) wendet, nachdem eine ihr am 18.5.2017 als Führerin eines BVG-Busses entnommene Blutprobe eine Konzentration von 180,0 ng/ml Amphetamin, 10,0 ng/ml THC, 230,0 ng/ml THC-Carbonsäure und 9,0 ng/ml 11-Hydroxy-THC-Carbonsäure ergeben hatte, hat keinen Erfolg."

Das für die Prüfung des Senats maßgebliche Beschwerdevorbringen zeigt keine Gründe auf, aus denen der Beschluss vom 28.8.2018 abzuändern oder aufzuheben wäre (vgl. § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO).

Erfolglos bleibt der Beschwerdeeinwand, bei der Antragstellerin sei unter Einbeziehung ihres angeblich ab dem 18.5.2017 eingestellten Drogenkonsums von einer einjährigen Abstinenz auszugehen, da sich im Wortlaut der Anlage 4 zur FeV für die “Forderung nach einer “nachgewiesenen' Abstinenz (…) keine Stütze' finde; die Fahreignung der Antragstellerin wäre daher vor der Entziehung zu begutachten gewesen.

Durch den unstreitig festgestellten Konsum sog. “harter Drogen' (Amphetamin) hat sich die Antragstellerin gem. Ziffer 9.1. der Anlage 4 zur FeV als grds. fahrungeeignet erwiesen (vgl. Senatsbeschl. v. 10.6.2009 – OVG 1 S 97.09, juris Leits.). Dies verpflichtet die Fahrerlaubnisbehörde gem. § 3 Abs. 1 S. 1 StVG, § 46 Abs. 1 S. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.1. der Anlage 4 zur FeV der Antragstellerin die Fahrerlaubnis zu entziehen. Abweichungen von diesem Regelfall sind nach Nr. 3 der Vorbemerkung von Anlage 4 zu FeV ausnahmsweise möglich, wenn die grundsätzliche Eignungsbewertung der Nr. 9.1. der Anlage 4 zur FeV durch besondere Umstände zweifelhaft ist. In diesem Fall kann eine Begutachtung angezeigt sein. Besondere Umstände dieser Art zeigt die Beschwerde allerdings nicht auf. Dass die Antragstellerin ihre Tätigkeit als Busfahrerin der BVG in der Zeit vom Oktober 2017 bis Mitte Februar 2018 fortgeführt hat, belegt – entgegen der Beschwerde – die Fahreignung der Antragstellerin nicht, denn dieser Umstand besagt nichts über ihr Abstinenzverhalten bzw. eine etwaige Entgiftung und Entwöhnung. Zudem könnte der durch den hohen THC-Carbonsäurewert von 230,0 ng/ml bei der Antragstellerin nachgewiesene regelmäßige Cannabiskonsum (vgl. Behördengutachten […]) ebenso eine relative Gewöhnung, d.h. Giftfestigkeit der Antragstellerin zur Folge haben, die sie “befähigt', in Grenzen routinierte Handlungsabläufe bei der Steuerung eines Kfz auch im berauschten Zustand vorzunehmen; eine Eignung zum Führen von Kfz i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 StVG ist damit nicht dargetan.

Bei der Antragstellerin ist auch keine die Fahreignung wiederherstellende Entwöhnung und Entgiftung i.S.v. Nr. 9.5. der Anlage 4 zur FeV anzunehmen, denn – anders als die Beschwerde meint – fehlt es bereits an der erforderlichen einjährigen Abstinenzphase. Den Beginn der Abstinenzphase hat das VG dabei zu Recht erst mit dem Eintritt der Antragstellerin in das Drogenkontrollprogramm im Oktober 2017 angenommen. Soweit sich die Antragstellerin auf die – in der Beschwerde nur in Bezug genommene – Rspr. des BayVGH beruft, der der in Nr. 9.5. der Anlage 4 zur FeV genannten materiell-rechtlichen Zeitspanne zur Wiedererlangung der Fahreignung auch eine verfahrensrechtliche Bedeutung dahin zuspricht, dass ein Jahr nach dem Tag, den der Betroffene als Abstinenzbeginn behauptet, gleichsam automatisch nicht mehr vom Fortbestehen der fehlenden Fahreignung ausgegangen werden dürfe (sog. verfahrensrechtliche Jahresfrist vgl. BayVGH Beschl. v. 4.2.2009 – 11 CS 08.2591, juris Rn 17 und Beschl. v. 9.2.2005 – 11 CS 04.2526, juris Rn 20, 26; offenlassend aber Beschl. v. 27.2.2017 – 11 CS 16.2316, juris Rn 25) dringt sie nicht durch. Der Senat geht im Einklang mit der Rspr. anderer Obergerichte davon aus, dass eine festgestellte Fahrungeeignetheit grds. ohne starre zeitliche Vorgaben und unabhängig von bloßen Zeitabläufen fortbesteht, solange die Wiedererlangung der Fahreignung nicht materiell nachgewiesen ist. Wie lange die (Regel-)Vermutung der Ungeeignetheit ohne weitere Ermittlungen fortbesteht, lässt sich dabei nur nach den Umständen des Einzelfalls, insb. im Hinblick auf Art, Umfang und Dauer des Drogenkonsums, und nicht schematisch anhand fester Fristen beurteilen (vgl. OVG Weimar, Beschl. v. 9.7.2014 – 2 EO 589/13, juris Rn 18; VGH Mannheim, Beschl. v. 7.4.2014 – 10 S 404/14, juris Rn 9 ff. [= zfs 2014, 355]; OVG Münster, Beschl. v. 3.9.2010 – 16 B 382/10, juris Rn 5 ff.; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.4.2002 – 3 Bs 19/02, juris Rn 23; OVG Greifswald, Beschl. v. 19.3.2004 – 1 M 2/04, juris Rn 30). Für die Annahme, dass der Fahrerlaubnisinhaber seine Fahreignung im Laufe der Zeit wiedererlangt hat, müssen jedenfalls begründete Anhaltspunkte vorliegen. Diese sind nicht schon gegeben, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber vorgibt, seit längerer Zeit keine Drogen mehr zu konsumieren, oder einzelne Abstinenznachweise erbringt. Vielmehr setzt dies im Regelfall eine mindestens einjährige Abstinenz voraus, die – ...

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