RL 91/439/EWG Art. 1 Abs. 2 Art. 7 Abs. 1 und 5 Art. 8 Abs. 1 bis 5; RL 2006/126/EG Art. 2, 7 Abs. 1 bis 5 Art. 11 Abs. 1 bis 4; StVG § 2 Abs. 1; FeV § 4 § 28 Abs. 1 und Abs. 4 S. 1 Nr. 2 § 30a

Leitsatz

Wird eine deutsche Fahrerlaubnis in einem anderen EU-Mitgliedstaat umgetauscht und ergibt sich aus dem dort ausgestellten Führerschein ein deutscher Wohnsitz, ist der Betr. nicht berechtigt, damit Kraftfahrzeuge der entsprechenden Klassen in Deutschland zu führen. Das gilt unabhängig davon, ob der Betr. mit dem Umtausch eine neue ausländische Fahrerlaubnis für diese Klassen erwirbt oder ob ihm nur ein neues Führerscheindokument für seine nach wie vor deutsche Fahrerlaubnis ausgestellt wird.

(amtlicher Leitsatz)

Nach dem Klageantrag ist nicht Verfahrensgegenstand, ob die dem Kl. in Deutschland erteilten Fahrerlaubnisse der Klassen A und B trotz des Umtausches in der Tschechischen Republik fortgelten und er auf deren Grundlage weiterhin berechtigt ist, Kraftfahrzeuge dieser Klassen in Deutschland zu führen. Der Verordnungsgeber hat diese Frage in § 30a Abs. 1 FeV, der mit Geltung ab dem 30.6.2012 in die FeV eingefügt wurde (Siebte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften v. 26.6.2012, BGBl I S. 1394), mittlerweile dahingehend geregelt, dass die Fahrerlaubnis unverändert bestehen bleibt, wenn ein aufgrund einer deutschen Fahrerlaubnis ausgestellter Führerschein eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum umgetauscht wird.

(Leitsatz der Schriftleitung)

BVerwG, Urt. v. 27.9.2012 – 3 C 34.11

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kl. berechtigt ist, mit seinem in der Tschechischen Republik ausgestellten Führerschein in Deutschland Kfz der Klassen A, B und C zu führen.

Dem Kl. wurde in Deutschland im Jahr 2000 eine Fahrerlaubnis der Klasse B und im Jahr 2001 eine Fahrerlaubnis der Klasse A erteilt. Am 1.6.2006 erwarb er in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse C. Der tschechische Führerschein, in dem ein Wohnsitz des Kl. in Deutschland eingetragen ist, weist neben dieser Fahrerlaubnis auch Fahrerlaubnisse für die Klassen A und B aus. Im Jahr 2007 wurde dem Bekl. mitgeteilt, der Kl. sei sowohl im Besitz eines deutschen als auch eines tschechischen Führerscheins. Er wies den Kl. mit Schreiben v. 18.11.2009 darauf hin, dass ihn sein tschechischer Führerschein nicht berechtige, in Deutschland fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge zu führen und forderte ihn auf, diesen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Komme er dieser Aufforderung nicht nach, werde die Verpflichtung mit einem förmlichen Bescheid und unter Androhung eines Zwangsgeldes durchgesetzt.

Die daraufhin erhobene Klage, die auf die Feststellung gerichtet war, dass der Kl. berechtigt sei, von seiner 2006 in Tschechien erworbenen Fahrerlaubnis der Klassen A, B und C in Deutschland Gebrauch zu machen, hatte vor dem VG [Bayer. VG Augsburg – 19.3.2010 – VG Au 7 K 09.1916] Erfolg; es hat festgestellt, dass der Kl. berechtigt sei, von den in seinem tschechischen Führerschein eingetragenen Fahrerlaubnisklassen A, B und C auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. Zwar ergebe sich aus dem tschechischen Führerschein, dass der Kl. zum Ausstellungszeitpunkt seinen ordentlichen Wohnsitz nicht in der Tschechischen Republik gehabt habe. Allein das führe aber nach Art. 8 Abs. 4 S. 1 der Richtlinie 91/439/EWG noch nicht zur Ungültigkeit dieser Fahrerlaubnis; erforderlich sei zusätzlich, dass gegen den Betr. eine der in Art. 8 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Maßnahmen – also eine Einschränkung, eine Aussetzung, ein Entzug oder eine Aufhebung der Fahrerlaubnis – zur Anwendung gekommen sei. Das sei beim Kl. nicht der Fall.

Dieses Urt. hat der Bayerische VGH [BayVGH v. 28.10.2011 – VGH 11 BV 10.987] auf die Berufung des Bekl. mit Urt. v. 28.10. 2011 geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es: § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV, wonach eine EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nicht im Inland gilt, wenn deren Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz zum Erteilungszeitpunkt ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen im Inland hatte, führe zur Unwirksamkeit der tschechischen Fahrerlaubnis des Kl. Das gelte nicht nur für die Fahrerlaubnis der Klasse C, sondern ebenso für die in diesem Führerschein zusätzlich ausgewiesenen Fahrerlaubnisse der Klassen A und B. Hinsichtlich dieser Fahrzeugklassen habe der Kl. eine tschechische EU-Fahrerlaubnis im Wege des Umtauschs erworben; es handele sich nicht nur um die Dokumentation der früher erworbenen deutschen Fahrerlaubnis. Ein aus dem Führerschein selbst ersichtlicher Verstoß gegen das Erfordernis eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat habe auch bei einem Umtausch die Inlandsungültigkeit der Fahrerlaubnis zur Folge. § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV unterscheide nicht danach, ob die ...

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