Wird dem Versicherer nach einem Sturmereignis ein Sturmschaden gemeldet, stehen sich meist zwei konträre Standpunkte gegenüber. Der Versicherungsnehmer hat soeben festgestellt, dass sein Gebäude Schäden aufweist, die ihm zuvor – die sei unterstellt – nicht aufgefallen sind und die er daher kausal auf das Sturmereignis zurückführt. Meist sieht er sich in dieser Ansicht durch den eilig herbeigerufenen Handwerker/Dachdecker bestätigt. Der Versicherer möchte die gemeldeten Schäden hingegen nur ersetzen, wenn der Versicherungsnehmer nachweisen kann, dass der gemeldete Schaden tatsächlich auf ein versichertes Ereignis zurückzuführen ist. Die Bedingungen – hier waren es die AStB 87 (gleich lautend auch sämtliche gängigen Wohngebäude- und Hausratbedingungswerke) – definieren den Sturm als wetterbedingte Luftbewegung von mind. Windstärke 8 nach Beaufort. Die versicherte Sache muss durch einen solchen Sturm beschädigt oder zerstört worden sein.

Das LG München verlangt – orientiert an Wortlaut sowie an Sinn und Zweck der Bedingungen – dass der Versicherungsnehmer nachweist, dass sich die geltend gemachten Schäden erst ab Windstärke 8 ereignet haben und nicht schon darunter. Unstreitig war zwischen den Parteien, dass am gemeldeten Schadentag am Versicherungsort Windstärken von 8 Beaufort und höher geherrscht haben. Der Sachverständige hat aber nicht ermittelt, ob die festgestellten Schäden erst bei Windstärke 8 oder bereits darunter eingetreten sind. Die Ausführungen der hier verkürzt wiedergegebenen Entscheidung lassen erkennen, dass der Sachverständige technisch zu dieser Feststellung sehr wohl in der Lage gewesen wäre, aber letztlich der (recht hohe) Kostenvorschuss für derartige Feststellungen nicht einbezahlt wurde.

Das Gericht sieht in seinem Urteil eine Abweichung von einer Entscheidung des OLG Karlsruhe v. 12.4.2005 (zfs 2005, 449). Dieser sei zu entnehmen, dass es ausreiche, dass Sturm am Versicherungsort geherrscht habe und danach Schäden am versicherten Objekt vorlagen. In der genannten Entscheidung heißt es auszugsweise: "Zum Nachweis eines Sturmschadens ist es nicht erforderlich, dass der Beweis für ein direktes Auftreffen einer Luftbewegung von mind. Windstärke 8 auf das versicherte Gebäude erbracht wird. Ausreichend ist, dass am Gebäude von Luftbewegungen verursachte Schäden aufgetreten sind und in seiner näheren Umgebung zu gleicher Zeit ein Sturm der Windstärke 8 aufgetreten ist." Dies möchte das OLG der § 1 Ziff. 2 S. 2 AStB entsprechenden Bestimmung entnehmen, wonach Windstärke 8 am Versicherungsort unterstellt wird, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die Luftbewegung in der Umgebung Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat.

Nach Ansicht des Verfassers zu Recht weist das LG München aber darauf hin, dass die letztgenannte Bestimmung den Versicherungsnehmer lediglich vom Nachweis von Windstärke 8 am Versicherungsort entbindet, nicht aber vom Nachweis der Kausalität einer Windbewegung von mind. Windstärke 8 für die festgestellten Schäden. Denn der Versicherungsnehmer mag zwar im Einzelfall Schwierigkeiten haben, die Windstärke gerade am Versicherungsort nachzuweisen (etwa weil sich die nächstgelegene Messstation in zu großer Entfernung befindet). Der Versicherer möchte aber im Ergebnis erkennbar nur Ersatz für solche Beschädigungen leisten, die kausal auf eine wetterbedingte Windbewegung von mind. Windstärke 8 zurückgeführt werden können. Dies wird auch dadurch belegt, dass sich aus § 1 Ziff. 2 S. 2 AStB 87 isoliert betrachtet ein Kausalitätskriterium nicht herleiten lässt. Dies ist allein i.V.m. der vorgegebenen Windstärke möglich. Wollte man dies anders sehen, würde das Erfordernis einer Mindestwindstärke letztlich leer laufen.

Der Versicherungsnehmer wird hierdurch auch nicht in unzumutbarer Weise benachteiligt. Denn der Sachverständige hat im Verfahren des LG München unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er – wenn auch mit gewissem finanziellen Aufwand – grds. in der Lage ist, eine Kausalitätsfeststellung zwischen Schadenbild und Windstärke treffen zu können. Orientiert an dieser Vorgehensweise wird der Versicherer davor geschützt, etwaigen Sanierungsstau an älteren Dächern oder sonstige handwerkliche Mängel mitersetzen zu müssen. Deren Beseitigung ist vielmehr allein Aufgabe des Versicherungsnehmers (so die Obliegenheit in § 7 Ziff. 1b AStB 87 bzw. Abschnitt A, § 11 Ziff. 1e AStB 2008). Schließlich würde eine andere Sichtweise auf eine Beweiserleichterung hinauslaufen, die es in der Sturmversicherung allein für den Nachweis von Windstärke 8 am Versicherungsort geben soll. Ein "äußeres Bild" eines Schadens, der auf eine wetterbedingte Luftbewegung von mind. Windstärke 8 zurückzuführen ist, gibt es hingegen nicht. Eine Beweiserleichterung nach dem "äußeren Bild" hat die Rspr. ausdrücklich auf die (Einbruch-)Diebstahlversicherung beschränkt (OLG Köln VersR 2009, 1071).

FA VersR Dr. Ulf Breideneichen, Generali Deutschland...

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