Der Kläger wendet sich gegen die Versagung des Gebrauchs seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet.

Dem 1975 geborenen Kläger wurde am 28.1.1994 die Fahrerlaubnis der Klasse 3 erteilt. Mit Strafbefehl v. 23.3.1998 entzog ihm das AG H. die Fahrerlaubnis wegen eines Vergehens der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,30 %0. Am 27.10.1998 wurde dem Kläger die Fahrerlaubnis wieder erteilt. Mit weiterem Strafbefehl v. 17.1.2001 entzog das AG L. dem Kläger wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,55 %0 erneut die Fahrerlaubnis und setzte eine Sperrfrist von 7 Monaten. Ein im Rahmen des Wiedererteilungsverfahrens vorgelegtes medizinisch-psychologisches Gutachten v. 9.11.2001 kam zu dem Ergebnis, beim Kläger sei mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei, dass er auch zukünftig ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Mit bestandskräftiger Verfügung v. 9.1.2002 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ab. Einen erneuten Wiedererteilungsantrag v. 3.4.2002 lehnte die Beklagte mit Verfügung v. 16.12.2002 ab, weil der Kläger das angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht vorgelegt hatte.

Anlässlich einer Polizeikontrolle am 8.3.2005 legte der Kläger einen am 10.11.2004 in Pilsen ausgestellten Führerschein der Tschechischen Republik vor. Unter Nr. 8 ist als Wohnsitz "Pilzen 4" eingetragen. Mit Schreiben v. 19.4.2004 forderte die Beklagte den Kläger zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle auf, weil die Bedenken gegen seine Fahreignung nicht ausgeräumt seien, und kündigte ihm an, andernfalls die ausländische Fahrerlaubnis abzuerkennen.

Mit Verfügung v. 9.5.2005 untersagte die Beklagte dem Kläger, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis der Klasse B im Bundesgebiet Gebrauch zu machen (Ziff. 1), forderte ihn auf, den Führerschein der Führerscheinbehörde gem. § 47 Abs. 2 FeV zum Versand an das Ausstellerland unverzüglich vorzulegen (Ziff. 2) und ordnete die sofortige Vollziehung von Ziff. 1 und 2 an. Ferner wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 300 EUR angedroht für den Fall, dass der Kläger den Führerschein nicht innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Zustellung der Verfügung bei der Führerscheinstelle abgebe. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Fahrerlaubnis sei gem. § 3 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1, 3 und 5. sowie § 11 Abs. 8 FeV zu entziehen, weil der Kläger ein zurecht angefordertes medizinisch-psychologisches Gutachten nicht beigebracht habe. Die Bedenken gegen seine Fahreignung seien noch immer begründet. Die Richtlinie 91/439/EWG stehe der Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Überprüfung der Fahreignung nicht entgegen. Da der Kläger seit Geburt ununterbrochen in M. gemeldet sei, liege ein Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip vor. Auf Grund von Erfahrungen in ähnlich gelagerten Fällen werde aber davon abgesehen, eine Rücknahme beim Ausstellerland zu erwirken.

Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium K. mit Widerspruchsbescheid v. 25.10.2005 zurück.

Der Kläger hat am 28.11.2005 Klage beim VG Karlsruhe erhoben. …

Mit Urt. v. 4.7.2006 – 11 K 2726/05 – hat das VG Karlsruhe den Bescheid der Beklagten vom 9.5.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe v. 25.10.2005 aufgehoben. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Beklagte und das Regierungspräsidium seien zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Richtlinie 91/439/EWG der Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Überprüfung der Fahreignung nicht entgegenstehe. Diese Auffassung widerspreche der Entscheidung des EuGHs v. 6.4.2006 in der Rechtssache C-227/05 (Halbritter). Der Entscheidung seien keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die unbedingte Pflicht zur Anerkennung einer nach Ablauf der Sperrfrist in einem Mitgliedstaat der EU erworbenen Fahrerlaubnis davon abhängig sei, in welcher Form der ausstellende Staat die Fahreignung geprüft habe. Auch wenn aus Sicht des Heimatstaates noch Fahreignungszweifel bestünden, verstoße die Aufforderung, sich einer erneuten Fahreignungsprüfung durch Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu unterziehen, gegen die vom EuGH statuierte strike Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen. Unabhängig davon bestünden keine Zweifel an der Fahreignung des Klägers mehr, da er sich in Tschechien vor Erteilung des Führerscheins einer ärztlichen Untersuchung habe unterziehen müssen, bei der auch ein Gespräch über seine Alkoholproblematik geführt worden sei, und der Kläger glaubhaft versichert habe, keinen Alkohol mehr zu trinken, was durch seine einwandfreien Blutwerte belegt werden könne. Es bestünden daher keine Anhaltspunkte für einen rechtsmissbräuchlichen Führerscheinerwerb.

Das Urteil ist der Beklagten am 12.7.2006 zugestellt worden. Am 9.8.2006 hat die Beklagte Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und am 8.9.2006 den Ant...

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