Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Oberle ist aus Sicht der Praxis wenig überzeugend. In Erbfällen mit Auslandsbezug richtet sich die internationale Zuständigkeit der Nachlassgerichte künftig nicht mehr nur nach den deutschen Vorschriften des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit (§§ 105, 343 ff FamFG), sondern vorrangig nach den Bestimmungen der Europäischen Erbrechtsverordnung (Art. 4 ff EuErbVO). Dies gilt nicht nur für das Europäische Nachlasszeugnis, sondern auch für deutsche Erbscheine.

Die Nachlassgerichte werden den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers in Zukunft möglicherweise genauer als bisher prüfen. In entsprechenden Einzelfällen werden die deutschen Nachlassgerichte ihre internationale Zuständigkeit möglicherweise verneinen und die Erbscheinanträge zurückweisen. Dies könnte vor allem bei Nachlassgerichten der Fall sein, die ohnehin überlastet sind.

Eine verlässliche Lösung der Problematik dürfte nur durch eine gesetzliche Klarstellung (auf europäischer Ebene) möglich sein. Eine Änderung der Europäischen Erbrechtsverordnung ist aber (zumindest kurzfristig) nicht zu erwarten.

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