Auch nach einem Wegzug erzielen die Emigranten[64] praxisgemäß noch Einkünfte aus deutschen Quellen. Hierbei handelt es sich insbesondere um:

Einkünfte aus Kapitalvermögen (Dividenden),
Kapitalgewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen,
Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung sowie der Veräußerung von in Deutschland belegenem Vermögen,
Zinsen,
Aufsichtsrats- und Geschäftsführervergütungen,
Renteneinkünfte.

Bezüglich solcher Einkünfte müssen vor allem die Normen des AStG Berücksichtigung finden und es ist weiter notwendig, rechtliche Gestaltungen zu vermeiden, welche aufgrund damit einhergehender Steuervorteile von § 42 AO ("Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten") erfasst werden könnten.

[64] Gemeint ist hier nur der Emigrant selbst. Gestaltungen über in der Schweiz liegende, vom Emigranten beherrschte Betriebsstätten sind nicht Gegenstand dieses Kapitels.

I. Einkünfte aus Kapitalvermögen (Dividenden)

Gem. Art. 10 Abs. 1 DBA Schweiz/Deutschland unterliegen Dividenden der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Empfängers. Dem Quellenstaat wird nach Abs. 2 jedoch die Erhebung einer Quellensteuer zugestanden. Sofern der Nutzungsberechtigte der Dividende im anderen Vertragsstaat ansässig ist, darf diese Quellensteuer aber grundsätzlich einen Satz von 15 % des Bruttobetrags der Dividende nicht übersteigen.

Dieses partielle Besteuerungsrecht des Quellenstaats bis zum maximal anwendbaren Sockelsatz nach Art. 10 Abs. 2 DBA Schweiz/Deutschland wird durch den deutschen Fiskus im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nach §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. a, 20 EStG umgesetzt. Gem. §§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG wird die Kapitalertragssteuer direkt bei der auszahlenden Gesellschaft mittels eines Abzugs im Umfang von 25 % des Kapitalertrags vereinnahmt, welcher sodann ans Finanzamt abgeführt und damit im Rahmen der Einkommenssteuer nach § 50 Abs. 5 S. 1 EStG als abgegolten gilt. Nach deutschem Recht ist diese Quellensteuer dabei in voller Höhe einzubehalten bzw. ans Finanzamt abzuführen. Die Differenz zwischen einbehaltener Kapitalertragssteuer (25 %) und der zulässigen Quellenbesteuerung gem. DBA (15 %) muss danach in einem zweiten Schritt mittels eines Antrags durch den steuerpflichtigen Dividendengläubiger zurückgefordert werden (Erstattungsanspruch).[65]

Die durch Deutschland in Übereinstimmung mit dem DBA Schweiz/Deutschland erhobene Sockelsteuer dagegen wird durch den in Art. 24 Abs. 2 DBA Schweiz/Deutschland vorgesehenen Anrechnungsmechanismus an die schweizer Steuer angerechnet.

[65] Im Fall des privilegierten Quellensteuersatzes von 5 % muss der seit 2017 geltende § 50j EStG beachtet werden, der bei einer Kapitalbeteiligung von unter 10 % (Streubesitz), welche nicht mindestens seit einem Jahr als wirtschaftlicher Eigentümer gehalten wurde, unter gewissen Voraussetzungen die Entlastung der Kapitalertragssteuer untersagt.

II. Gewinne aus der tatsächlichen Veräußerung von’Kapitalgesellschaftsanteilen

Während § 6 AStG[66] beim Wegzug im Hinblick auf Kapitalgesellschaftsanteile eine Veräußerung fingiert, werden Gewinne aus der tatsächlichen Veräußerung an Kapitalgesellschaftsanteilen nach Art. 13 Abs. 3 DBA Schweiz/Deutschland[67] der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Veräußerers unterworfen.

Jedoch bestimmt Art. 13 Abs. 4 DBA Schweiz/Deutschland für Beteiligungen von mehr als 25 % am Gesellschaftskapital, dass Gewinne aus der Veräußerung einer solchen Beteiligung auch im Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft besteuert werden können, wenn der im anderen Vertragsstaat ansässige Veräußerer im Zeitraum von fünf Jahren vor der Veräußerung im Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft ansässig war und der Gewinn aus der Veräußerung im Ansässigkeitsstaat des Veräußerers keiner Besteuerung unterliegt. In der Schweiz sind Kapitalgewinne aus der Veräußerung von beweglichem Privatvermögen gem. Art. 16 Abs. 3 DBG sowie Art. 7 Abs. 4 lit. b StHG weder auf Bundes- noch auf Kantonsebene steuerbar.[68] Damit verbleibt es für Veräußerungen von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen über 25 % für eine Dauer von fünf Jahren beim Besteuerungsrecht Deutschlands. Deutschland übt dieses Besteuerungsrecht mittels §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e, 17 EStG aus.

[66] Sowohl § 6 AStG a.F. als auch § 6 AStG n.F.
[67] Grundsätzlich ist Art. 13 auf sämtliche Gewinne aus einer Übertragung von Vermögen anwendbar; siehe Wassermeyer/Kaeser, in: Wassermeyer: Doppelbesteuerung: DBA, 158. Aufl. 2022, DBA, 156. EL, Art. 13 OECD-MA 2017 Rn 27; Hardt, in: Wassermeyer, Art. 13 DBA Schweiz Rn 127.
[68] Kapitalgewinne aus der Veräußerung von im Betriebsvermögen befindlichen Beteiligungen sind dagegen sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene steuerbar, Art. 18 Abs. 2–4, 58 DBG.

III. Einkünfte aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens

Das Recht zur Besteuerung des Veräußerungsgewinns einer Immobilie wird nach Art. 13 Abs. 1 DBA Schweiz/Deutschland dem Staat des Belegenheitsorts zugewiesen. Die durch eine Veräußerung von in Deutschland belegenen Grundstücken entstandenen Gewinne werden gem. §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f, 15 EStG besteuert, wenn – bei Abwesenheit einer Betriebsstätte oder eine...

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