Für den Nacherben stellt sich die Frage, ob (1) die von ihm nach Eintritt des Nacherbfalls zu leistenden Erstattungsansprüche bei ihm ertragsteuerliche Relevanz besitzen und (2) , falls ja, ob erst mit dem Nacherbfall oder bereits zuvor.

Ertragsteuerliche Relevanz ist eo ipso zu verneinen für alle Aufwendungen, die nicht der Erzielung steuerbarer Einkünfte dienen. Weiter stellt sich für Überschusseinkunftsarten unter Geltung des Zufluss-/Abfluss-Prinzips bereits per definitionem die Frage nicht, ob die Erstattung im Jahr der Verauslagung der fraglichen Kosten durch den Vorerben schon beim Nacherben steuerlich zu erfassen ist. Denn der Abfluss der Erstattung beim Nacherben erfolgt erst nach Eintritt des Nacherbfalls. Bei den Gewinneinkunftsarten wäre die Bildung einer entsprechenden steuerwirksamen Rückstellung im Jahr der Verauslagung durch den Vorerben, dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch dem Grunde nach entstanden ist, denklogisch nicht ausgeschlossen. Im Jahr der Verauslagung der Aufwendungen durch den Vorerben ist allerdings der Nacherbe weder Inhaber der fraglichen Einkunftsquellen noch steht fest, ob er jemals Nacherbe werden wird, sei es, weil er vor Eintritt des Nacherbfalls verstirbt, er eine testamentarische Bedingung im Augenblick des Nacherbfalls nicht erfüllt oder die Anordnung der Nacherbschaft nach § 2109 BGB unwirksam wird. Eine steuerliche Berücksichtigung der Erstattungsansprüche beim Nacherben bereits im Jahr, in dem der Vorerbe die Aufwendungen aus dem Eigenvermögen tätigte, scheidet damit aus.

Im Jahr der Erstattung, also nach Eintritt des Nacherbfalls, kommt denklogisch eine Qualifikation der Erstattung als (1) Anschaffungskosten auf den betreffenden (durch die außergewöhnlichen Erhaltungskosten oder Verwendungen verbesserten) Erbschaftsgegenstand, (2) als Betriebsausgabe/Werbungskosten oder (3) als ertragsteuerlich irrelevanter Vorgang in Betracht.

Hätte der Vorerbe außerordentliche Erhaltungskosten direkt dem Nachlass entnommen, wozu ihn § 2124 Abs. 2 S. 1 BGB berechtigt, wäre auf den Nacherben nur der um die Aufwendungen geminderte Nachlass übergegangen. Dieser Übergang ist ertragsteuerlich irrelevant. Es kommt nur zu einer verminderten Erbschaftsteuerlast. Dieser Situation entspräche die Würdigung als ertragsteuerlich irrelevanter Vorgang. Wie dargestellt bewirkt ein Bestreiten entsprechender Aufwendungen aus dem Nachlass auch beim Vorerben keine ertragsteuerlichen Konsequenzen.

Wählt der Vorerbe – im Fall des § 2125 BGB zwangsläufig – die spätere Erstattung, so führt dies wie dargestellt beim Vorerben entweder zu nachträglichen Betriebseinnahmen oder Einnahmen i.S.d. § 8 Abs. 1 EStG, wenn die Aufwendungen eine Einkunftsquelle betrafen.

Aus Sicht des Nacherben ist die Erstattung dieser Kosten an den Vorerben zwar zwangsläufig. Aber auch gegen den Willen des Steuerpflichtigen anfallende Aufwendungen können Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten sein, wenn sie nur Bezug zu der jeweiligen Einkunftsquelle haben.[10] Da die Erstattung eine Verbesserung des Erbschaftsgegenstands durch den Vorerben ausgleichen soll, ist ein hinreichender Bezug zu bejahen. Bei Gewinneinkunftsarten ohnehin, weil bei diesen auch Wertsteigerungen steuerbar sind, bei Überschusseinkunftsarten, weil eine Verbesserung in der Regel die Nutzbarkeit der Einkunftsquelle, z.B. eines Mietshauses, verlängert oder deren Attraktivität und damit die Bereitschaft Dritter erhöht, höhere Nutzungsentgelte zu zahlen. Damit ist die dem Vorerben geschuldete Erstattung derartiger Aufwendungen für den Nacherben je nach Einkunftsart entweder Betriebsausgabe/Werbungskosten oder Anschaffungskosten.

Dies fügt sich mit der vorherigen Feststellung, dass die Erstattung durch den Nacherben beim Vorerben steuerpflichtige (Betriebs-)Einnahme sei. Es gibt zwar keinen Grundsatz im Steuerrecht, dass eine steuerpflichtige Einnahme bei dem Zahlungsempfänger stets zu einer steuerlich abzugsfähigen Ausgabe beim Zahlenden führt.[11] Jedoch verfolgt das Steuerrecht durchaus zumindest als Leitlinie, dass im Bereich der beiderseits steuerpflichtigen Einkünftesphären sich die Behandlung bei Leistendem wie Leistungsempfänger entsprechen soll, also Aufwand des einen stoffgleiche (aber nicht unbedingt zeitgleiche) Einkünfte des anderen nach sich ziehen und umgekehrt.[12]

Damit ist allerdings noch nicht gesagt, ob es sich um sofort abzugsfähige Betriebsausgaben/Werbungskosten handelt oder die Erstattung kaufpreisgleich zu Anschaffungskosten führt, die steuerlich nur im Wege von Abschreibungen geltend gemacht werden können.

Dem Begriff der Anschaffungskosten ist immanent, dass derjenige, der diese aufwendet, damit entgeltlich "ein Mehr" erlangt. Der Nacherbe erhält durch die Zahlung an den Vorerben aber nichts Zusätzliches: Er hat bereits im Erbgang den durch die erstattungspflichtigen Aufwendungen verbesserten Erbschaftsgegenstand erhalten und soll lediglich dem Vorerben noch Aufwendungen erstatten, die bis dahin den Nachlass nicht belastet haben, ihm aber zugutekamen...

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