Verwendet der Vorerbe einen Erbschaftsgegenstand für sich, so ist er nach Eintritt des Nacherbfalls dem Nacherben gem. § 2134 S. 1 BGB zum Ersatz des Werts verpflichtet.

Da der Vorerbe nicht durch einseitige Handlung die Nachlasszugehörigkeit eines Erbschaftsgegenstands aufheben kann, regelt § 2134 BGB vorrangig den Verbrauch von Geld und anderen verbrauchbaren Sachen sowie eine Auskoppelung des betreffenden Erbschaftsgegenstands aus der Nachlass-Bindung durch Verbindung, Vermischung und Verarbeitung. Der Verkauf eines Erbschaftsgegenstandes führt hingegen gem. § 2111 BGB jedenfalls in einem ersten Schritt zu einer dinglichen Surrogation und allenfalls in einem zweiten Schritt kann der Verbrauch des durch den Verkauf erzielten, aufgrund Mittelsurrogation zum Nachlass gehörenden Geldes zu Ansprüchen nach § 2134 BGB führen.

Dem § 2134 BGB liegt seiner Struktur nach stets eine Entnahme von Erbschaftsgegenständen aus dem Nachlass und ihr Verbrauch zu außerhalb des Nachlasses liegenden Zwecken zugrunde. War der betreffende Erbschaftsgegenstand im Nachlass Teil eines steuerlichen Betriebsvermögens und wird er im Zuge der Verwendung für private Zwecke verbraucht/in das steuerliche Privatvermögen überführt, stellt dies steuerlich eine Entnahme dar, die gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem gemeinen Wert zu erfassen ist und ggf. einen Entnahmegewinn (oder -verlust) auslöst. Damit stellt sich für eigennützige Verwendungen von Wirtschaftsgütern des steuerlichen Betriebsvermögens dieselbe Situation und auch dieselbe Rechtsfolge wie im Fall der oben erörterten Veräußerung ein: Der etwaige Entnahmegewinn ist zu versteuern; da dieser Gewinn aber substanz-, nicht nutzungsbezogen ist, trägt diese Steuerlast gem. § 2126 BGB der Nachlass bzw. Nacherbe als auf den Stammwert der Erbschaft gelegt. Das Ergebnis deckt sich damit mit dem eines in Stufe 1 erfolgten Verkaufs und der auf Stufe 2 nachfolgenden Verwendung des erlösten Geldes für nachlassfremde Zwecke. Diesem Befund entspricht, dass die Höhe des Anspruchs nach § 2134 BGB nicht der Wert des betreffenden Gegenstands im Zeitpunkt des Nacherbfalls ist, sondern sein Wert im Zeitpunkt der Verwendung:[31] Der Nacherbe erhält als Surrogat für den fiktiv erzielten Verkauf den Wert, den der betreffende Erbschaftsgegenstand im Zeitpunkt des fiktiven Verkaufs hatte, muss aber wie bei einem echten Verkauf die Steuerlast auf die realisierten stillen Reserven tragen.

Werden vorhandene stille Reserven nicht aufgedeckt, weil der Vorerbe den betreffenden Erbschaftsgegenstand in ein Betriebsvermögen seines Eigenvermögens überträgt und dort verwendet, so entsteht zunächst steuerlich kein Entnahmegewinn, da diese Übertragung nach § 6 Abs. 5 EStG zu Buchwerten erfolgt. In diesem Fall fällt zwar steuerlich kein Veräußerungsgewinn und damit keine Steuerlast an. Gleichwohl wird der Nachlass mit der Auskoppelung des betreffenden Nachlassgegenstands nicht nur um diesen Vermögensgegenstand entreichert, sondern auch von der auf diesem ruhenden latenten Steuerlast befreit. Richtigerweise ist in derartigen Fällen der vom Vorerben zu erstattende Entnahmewert um die’Steuerbelastung zu kürzen, die bei einem Fremdverkauf auf den erzielten Veräußerungspreis=Entnahmewert anfiele. Denn der Nacherbe müsste bei einem Dritt-Verkauf ebenfalls die Steuerlast auf den erzielten Veräußerungsgewinn nach § 2126 BGB tragen.

War der betreffende Erbschaftsgegenstand im Nachlass hingegen Teil des steuerlichen Privatvermögens und bleibt dies auch im Eigenvermögen, liegt nur eine Verschiebung innerhalb des (sich aus Nachlass und Eigenvermögen zusammensetzenden Gesamt-)Privatvermögens vor, die als solche keine steuerlichen Auswirkungen hat, weder für den Nach- noch für den Vorerben.

[31] Vgl. statt aller Grüneberg/Weidlich, 82. Aufl. 2023, § 2134 Rn 1.

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