Einer teleologisch extensiven Auslegung bedarf es nicht, wenn der Bestand des Nachlasses bereits unmittelbar vom Wortlaut des § 199 Abs. 1 BGB erfasst wird. Dies ist zu verneinen. Teilweise wird vertreten, der Bestand des Nachlasses gehöre zu den den Anspruch begründenden Umständen, da er für die Höhe des Pflichtteils von Bedeutung sei.[17] Indes kann dieser Lösungsansatz in den Fällen nachträglicher Kenntniserlangung nicht überzeugen, nähert er sich der Lösung doch von der Rechtsfolgenseite. Für diese Ansicht könnte die Art des Pflichtteilsanspruchs sprechen. Dieser ist auf die Zahlung einer Geldsumme gerichtet, dessen Höhe nach § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils besteht. Soweit der Anspruch auf die Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, setzt er denklogisch einen werthaltigen Nachlass voraus. Hätte der Nachlass keinen Wert, so kann auch kein auf Geldzahlung gerichteter Anspruch bestehen. Jedoch liegt die Besonderheit der Fälle nachträglicher Kenntniserlangung darin, dass nachträglich ein weiterer zum Nachlass gehörender Gegenstand auftaucht. Die Werthaltigkeit dieses Nachlassgegenstandes ist dann jedoch nur noch für die Höhe des Pflichtteils von Bedeutung. Allein die Höhe des Pflichtteils betrifft aber nur die Rechtsfolge und nicht die Entstehung des Pflichtteilsanspruchs. Anders zu beurteilen wäre der Fall nur dann, wenn der nachträglich aufgetauchte Nachlassgegenstand der einzig werthaltige wäre. In diesem Fall kann der auf Geldzahlung gerichtete Pflichtteilsanspruch auch erst mit dem nachträglich aufgetauchten Nachlassgegenstand entstehen.

[17] Damrau, in ZEV 2009, 277; Joachim, in ZEV 2013, 262.

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